Des Teufels StegWenn sich die Pforte schließt1. Kapitel: GESTRICHENER URLAUBWolfgang Breitscheid konnte es nicht ausstehen, wenn seine Pläne unerwartet durch fremde Entscheidungen zerstört wurden, auf die er selbst wenig oder gar keinen Einfluss ausüben konnte und die er im Großen und Ganzen einfach so hinnehmen musste, ohne eine wirksame Möglichkeit zu haben, in irgendeiner Weise dagegen vorzugehen. Er ärgerte sich schwarz. »Aber das war doch so nicht …«, wollte er sich gerade vorsichtig gegen den unverschämten Versuch eines Angriffs auf seine Urlaubspläne zur Wehr setzen, als ihn der Chef unterbrach. »Herr Breitscheid, wollten Sie nicht endlich mal richtig Umsatz machen?«, fragte er in einem Ton, der nichts Gutes verhieß. Vielmehr ließ die Frage Wolfgang erahnen, dass er noch den letzten Umsatz verlieren würde, wenn er die Dienstreise ablehnte, zu der ihn dieser Stachowski drängte. Ja, natürlich wollte Wolfgang mal richtig Umsatz machen! Das wollte er hier in diesem Weinvertrieb schon seit drei Jahren, aber derselbe Stachowski, Leiter des Verkaufsbüros Hannover, hielt ihn schon die ganze Zeit absichtlich an der kurzen Leine und wies ihm nur tröpfchenweise Kunden zu, die schon seit Jahren nichts mehr kauften und allem Anschein nach auch keine Absichten diesbezüglich hegten. Wie sollte er überhaupt noch bis zur Rente überleben? Das fragte er sich oft, wenn er am Ende des Tages genervt den Hörer aufs Telefon knallte, weil er auch beim letzten Verkaufstelefonat keine müde Mark verdient hatte. »Wir haben aber die kommende Woche verplant«, versuchte es Wolfgang aufs Neue. »Wir haben vor Monaten eine Unterkunft reserviert und wochenlang geträumt, an die Nordsee zu reisen. Ich habe den Urlaub doch angekündigt.« »Nun ja, Herr Breitscheid«, erwiderte Stachowski spöttisch, »Sie können es sich ja gerne aussuchen: Entweder eine Woche an der Nordsee abkühlen, es ist ja auch wirklich ein heißer August dieses Jahr, und anschließend mit leeren Händen dastehen, oder in der Woche vernünftiges Geld verdienen, sodass Sie sich im September einen Urlaub auf Mallorca leisten können.« »Kann es denn nicht ein anderer machen?«, entgegnete ihm Wolfgang und sah verzweifelt in die Runde. Der Rest der Teilnehmer der Freitagsbesprechung schwieg und mied den Augenkontakt zu Wolfgang. Alex, ein junger gewiefter »Kundenabzocker«, sah untergeben Stachowski an, aber von ihm erwartete Wolfgang ohnehin keine Unterstützung, er las dem Chef jeden Wunsch von den Lippen ab und drehte mit ihm irgendwelche krummen Geschäfte auf Kosten des Weinhauses. Willhelm saß zurückgelehnt auf dem Stuhl und sah zum Fenster hinaus, als hätte ihn die Angelegenheit gar nicht interessiert, – es war auch sonst seine Art, mit Kollegen umzugehen. Er war ein seltener Gast im Büro, denn er kam aus Braunschweig, hatte dort sein angestammtes Verkaufsgebiet und war nur darauf bedacht, dass sich keiner in seine Dinge einmischte, alles andere war ihm gleich. Sodann Michael, der ein echter Kenner von französischen Weinen war. Er sah verlegen unter den Tisch. Und nicht einmal Giovanni, ein Deutschitaliener in zweiter Generation, durch den Wolfgang überhaupt zu diesem Job als Weinvertreter gekommen war und den er für einen Kumpel hielt, ergriff Partei in der Sache. Sein Blick wanderte aus einer Ecke des Büros in die andere.
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»Mhm …«, gab Stachowski hämisch von sich. »Sicher, Herr Breitscheid, ich könnte auch jemand anderes fragen. Nur! Dadurch verzögert sich das Ganze und wir müssen die Gebiete in den neuen Bundesländern zügig erschließen. Das heißt, wir fangen damit kommende Woche an. Dafür habe ich zwar Sie vorgesehen, aber wenn Sie nicht wollen und ein anderer ins Gebiet fährt, werden die neu gewonnenen Kunden auch nicht zu Ihrem Stamm gehören. Überlegen Sie es sich sehr gut. … aber was rede ich da, mit Ihnen ist es ohnehin so ein Ding. Ihre Umsatzzahlen sind unter aller Sau und Sie wollen es offensichtlich auch nicht ändern! Die Firma kann sich so was nicht leisten, dass Sie keinen Umsatz machen und nur die Kunden blockieren. Sie müssen mir auf jeden Fall heute noch Ihre Kartei übergeben, wenn Sie am Montag nicht zur Verfügung stehen. Umsatz, Umsatz und noch mal Umsatz – das ist das, was wir hier erreichen wollen! … Willi! Du nimmst dann die Kundenkarten vom Breitscheid an dich. Die Gebiete in Sachsen-Anhalt am Harz, sie grenzen doch an Braunschweig?« Willhelms Gesicht belebte sich, sobald er etwas vom zusätzlichen Verdienst gehört hatte. »So ist es, Jörg.« »Gut, dann nimm die Kartei und verkauf mal richtig was die Woche. Sie haben dort schon ein Jahr lang fast nichts gekauft! Da kriegst du bestimmt mindestens zehntausend Mark Umsatz raus!« Es trat genau das ein, was Wolfgang befürchtet hatte. Diese kleine, »miese Ratte« von Verkaufsleiter, zerging er innerlich in seinem Frust, wollte ihm zu allem Überfluss noch seinen Kundenstamm wegnehmen, der ihn während der letzten drei Jahre zwar nicht sonderlich reich gemacht, dennoch halbwegs für ein Auskommen gesorgt hatte. Was bildete sich dieser »Rotzbengel« überhaupt ein? Solche aufstrebenden jungen Kerle wie Stachowski hatte Wolfgang schon zuhauf erlebt, am Ende waren sie alle sehr, sehr tief gefallen. Er war schon lange Vertreter für Staubsauger gewesen, als der Typ noch die Windeln schmutzig gemacht hatte! Wolfgang wusste genau, worauf es bei dem Geschäft ankam und keiner sollte ihm weismachen, wie man Umsatz generierte, am wenigsten dieser Stachowski, der in seinem ganzen Leben vermutlich noch keine einzige Flasche Wein beim Kunden vor Ort verkauft hatte. Aber er saß am längeren Hebel. »Wann soll ich denn jetzt überhaupt noch die Termine für die Weinproben machen, wenn es schon am Montag losgeht?«, fragte Wolfgang unzufrieden.
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Diese Seite weiterempfehlen»Link an Freunde sendenKurzinhaltWolfgang Breitscheid, ein Handelsreisender in Sachen Wein aus Hannover, findet sich plötzlich in der Zeit des Spätmittelalters wieder, während er eine ungeplante Verkaufsreise in den Harz unternimmt. Sein neuer Bekannter, ein Schriftsteller namens Richard Knöpfle, besitzt diese Fähigkeit nicht, aber während er nach dem unerwartet verschwundenen Weinvertreter sucht, stößt er auf eine Zusammenkunft von Rechtsradikalen aus Jena, die im Harz ein Hexenfeuerfest feiern. Derweil sich Richard mit der arischen Vereinigung auseinandersetzt, macht Wolfgang Bekanntschaft mit der Heiligen Inquisition. Es kommt zu einer entscheidenden Schlacht zwischen Gut & Böse und das Edle gewinnt – vorerst, denn das Übel ist nur schwer zu besiegen.Über den Autor
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