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OPEN DIGITAL LITERATURE PROJECT
Der Brockenwicht: Seite 90

»Hihihi!«

Was in aller Welt war das? Ich sah mich irritiert um. Es hatte sich nichts verändert: Geli lief nach wie vor einen halben Schritt hinter mir, die Brockenstraße blieb leer und wir hatten uns noch bei Weitem nicht dem Brockenbett genähert, wo mir der Wicht ein Wiedersehen in Aussicht gestellt hatte, oder zumindest mit einem seinesgleichen. Dass ich schon jetzt die langersehnte Stimme hören würde, damit hatte ich nie und nimmer gerechnet.

»Hast du das gehört?«, fragte ich meine Frau, während ich noch den Straßenrand mit den Augen absuchte, ob nicht zufällig dort eine kleine Figur im Zapfenhut auf einem Stein stand und mir zuwinkte.

»Was gehört?«, wunderte sie sich.

»Na dieses leise Lachen. Als ob …«

»Ich habe nichts gehört.«

Es war äußerst merkwürdig. Sie konnte das Schmatzen der Zerbolte hören, aber nicht den kleinen Brockenwicht. Ich war mir absolut sicher, sein Lachen gehört zu haben. Er musste irgendwo hier sein!

»Hihihi!«, wiederholte sich das Lachen.

Ich versuchte vergeblich, die Richtung zu bestimmen, aus der es kam. Es klang ganz nah, fast an meinem Ohr, aber ich war nicht in der Lage, jemanden zu entdecken, von dem es hätte herrühren können. Ich suchte mit meinem Blick den Weg erneut nach möglichen Quellen ab und musste mich ein weiteres Mal mit einem enttäuschenden Ergebnis zufriedengeben. Aber ich bemerkte etwas anderes, was mir beim ersten Hinsehen verborgen geblieben war. Es hatte sich sehr wohl etwas verändert, und zwar im Verlauf der Brockenstraße. Sie ging vorne in eine langgezogene Linkskurve und am rechten Straßenrand war nunmehr ein weißes Häuschen zu sehen, dessen Bestimmung sich mir nicht erschloss.

Alle Türen an dem kleinen Haus waren verriegelt und es gab keine Möglichkeit ins Innere zu gelangen, um herauszufinden, welchem Zweck es diente, stellte ich fest, als wir nach einer Viertelstunde die Stelle erreicht hatten.

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Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Roman von Nikolaus Warkentin
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»Ist es vielleicht eine Toilette außer Betrieb?«, rätselte ich. »Es sieht hier nach einem Rast- oder Aussichtsplatz aus.«

»Keine Ahnung«, sagte Angelina. Sie atmete schwer.

»Ist auch egal, lass uns eine kurze Rast machen«, schlug ich vor. »Dort um die Ecke am anderen Ende gibt es vielleicht was zum Sitzen. Mal sehen.«

Kaum hatte ich den ersten Schritt gemacht, erklang die krächzende Stimme des Brockenwichts hinter mir erneut. Und diesmal sprach er, statt einfach zu lachen.

»Vorsicht vor dem Mann!«, warnte mich der Wicht.

Um sich zu wundern oder Fragen zu stellen, fehlte die Zeit, denn ich hatte die Hinterseite des Häuschens bereits erreicht, und zudem erübrigten sich alle Fragen von selbst, sobald ich um die Ecke gesehen hatte. Es war äußerst unvernünftig von mir gewesen anzunehmen, dass ich ungeschoren davonkommen würde. Vor uns stand der Mann im langen Regenmantel. Es war nicht mehr der Brockenführer, der uns vorhin gefolgt war, sondern vielmehr unser alter Bekannter, den wir schon im Brockenhaus getroffen hatten. Ihm fehlte zwar sein Lederhut, aber er war es definitiv, ich hatte mir sein Gesicht und das strohblonde Haar gemerkt, als er an der Kasse vergeblich versucht hatte, mit uns ins Gespräch zu kommen.

»Und?«, fing er von Weitem an. »Wie hat es Ihnen auf dem Brocken gefallen?« Der Mann löste seinen Blick von der Infotafel, die neben dem Häuschen aufgestellt war und die herrliche Aussicht auf die Gegend beschrieb, schielte in unsere Richtung mit seinen Augen, die bösartig durch die engen Schlitze der Lider blitzten, und setzte ein falsches Lächeln auf, welches erahnen ließ, dass die Einstiegsfrage nur der erste Schritt bei der Umsetzung eines hinterlistigen Plans gewesen war.

»Ja, doch«, ergriff Geli unerwartet das Wort, »war ganz nett. Es hat bloß stark geregnet, aber sonst …«

Was machte sie nur? Ich hatte sie ja vorhin gebeten, den Mund zu halten und unauffällig zu bleiben. Und jetzt ließ sie sich auf ein Gespräch mit dem Teufelsdiener ein! Unglaublich dumm!

»Ja … Wie hießen Sie noch gleich?«, fragte er sie heuchlerisch.

»Angelina.«

»Ja, Angelina«, sprach er in vertraulichem Ton weiter, »das ist auf diesem Berg meistens so. Man weiß nicht, was einen erwartet, das Wetter kann im Nu umschlagen. Es kann auch manchmal Nacht am helllichten Tage werden, nicht wahr? Ich als Brockenführer musste schon Hunderten von Ausflüglern wieder auf den rechten Weg helfen.«

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Der Brockenwicht von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Die Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 9.854
Online Seiten: 130
PDF Downloads: 0
PDF Seiten: 298
EPUB Downloads: 0
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 495535
Druckwörter: 91448
Buchseiten: 384
Erschienen: July 2022

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