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OPEN DIGITAL LITERATURE PROJECT
Der Brockenwicht: Seite 82

Das Ganze ließ mich stutzig werden. Was geschah hier? War hier eine organisierte Bande von Betrügern am Werk, die zuerst durch Märchenerzählen das Vertrauen der Leute gewannen, um sie danach in die Falle zu locken und auszurauben?

»Dreh dich mal um«, lenkte mich meine Frau von den wilden Theorien ab, die in meinem Kopf herumschwirrten, »ich lege die Sachen in deinen Rucksack rein.«

»Was hast du denn da alles?«, erkundigte ich mich vorsichtig, als ich merkte, dass sie außer der angekündigten Ansichtskarte noch einige Sachen in den Rucksack legte, unter anderem etwas, was in Zeitungspapier eingewickelt war.

»Nichts!«

»Wie nichts? Was ist das in der Zeitung?«

»Nichts! Ein Souvenir vom Brocken. Ein … Keine Ahnung, eine Figur!«

Mehr war aus ihr nicht herauszubekommen, sie konnte manchmal sehr stur sein, vor allem, wenn sie sich etwas in den Kopf gesetzt hatte. Beispielsweise einen Gegenstand erworben hatte, von dem ich aus irgendeinem Grund erst einmal keine Kenntnis erlangen sollte. Ich gab klein bei – was im Zeitungspapier lag, hätte sich ohnehin später von allein herausgestellt. Geli nahm ihren Rucksack und wir gingen ins Freie. Ich warf noch den letzten Blick auf den Mann im Regenmantel.

»Wolltest du nicht noch einen Stempel im Wanderführer machen?«, fragte ich, als wir uns vom Eingang entfernten.

»Auf der Postkarte ist schon ein Stempel drauf«, entgegnete Geli und blieb vor dem Wolkenhäuschen stehen, während sie sich am Reißverschluss ihrer Jacke zu schaffen machte, der nicht richtig schließen wollte.

Ich wartete geduldig und sah mich müßig um, bei Sonne bot das Gipfelplateau ein viel besseres Bild. Plötzlich lief es mir eiskalt den Rücken hinunter, als ich zurück zum Brockenhaus blickte. Während sich die Wolkendecke weitgehend aufgelöst hatte und die heiße Mittagssonne auf das kahle Haupt des alten Berges durch zahlreiche Lücken mit voller Kraft schien, blieb über der Kuppel beharrlich eine nebelige Blase hängen, in der sich Schatten hin und her bewegten. Es war zuvor ziemlich töricht von mir gewesen anzunehmen, dass auf dem Gipfel keine dämonischen Aktivitäten stattfanden, denn im Nebel über dem Brockenhaus tanzte wild eine Hexenschar im Kreis. Möglicherweise waren die Furien schon die ganze Zeit da gewesen und wurden erst jetzt für mich sichtbar, nachdem sich die Wolkenschwaden vom Gipfel zurückgezogen hatten.

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Das Geheimnis des vernebelten Passes

Das Geheimnis des vernebelten Passes

Reiseroman von Nikolaus Warkentin
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Die letzten Zweifel zerstreuten sich endgültig, als oben auf der Aussichtsplattform ein Mann in militärischer Uniform eines hochrangigen Offiziers erschien, seine Hände lässig aufs Geländer legte und das Geschehen auf dem Brockenplateau seinem kritischen Blick unterwarf. Alsdann schmunzelte er sichtlich zufrieden und verschwand wieder hinter der Tür zur Kuppel. Sein Gesicht hatte ich nur verschwommen gesehen, zu groß war die Entfernung, aber ich hatte keine Bedenken, dass ich diese Person kannte. Schon einige Male hatten sich heute unsere Wege gekreuzt, eine Verwechslung war ausgeschlossen. Es war kein anderer als Mephistopheles. Diesmal als Militär verkleidet.

Mit einem Mal fügten sich alle Puzzlesteine zu einem Bild zusammen. Natürlich! Wie hieß noch mal die Stasianlage? »Urian«, erinnerte ich mich an die alten Dokumente im Brockenmuseum. Wie passend! Was befand sich unter der Kuppel? Antennen, Satellitenschüsseln, Funkgeräte, die trotz ihrem stolzen Alter noch sehr arbeitsfähig wirkten – das wusste ich noch genau, wir waren gerade erst dort gewesen. Was hatte ich auf der Hexenkonferenz vor dem Brocken gesehen? Lauter Höllenwesen, die an ihren Computern saßen, Befehle von der teuflischen Zentrale auf dem Berggipfel entgegennahmen und ihren üblen Geschäften nachgingen, und abermals Parabolspiegel und seltsame Geräte, die unaufhörlich piepsten und blinkten. Was hatten mir die Leute am Lagerfeuer erzählt, wie sie in die Bredouille hineingeraten waren? Es war nicht schwer, eins und eins zusammenzuzählen: Die Abhörzentrale hatte nie aufgehört zu existieren. Sie wurde weiterbetrieben, neuerdings unter der Führung von dunklen Kräften, und wie es aussah, hatte »Urian« das Leistungsspektrum wesentlich erweitert! Nicht nur abhören, sondern auch die Menschen aktiv manipulieren, lautete offenbar das neue Ziel. Es schien, als hätte ich die Wurzel des Bösen gefunden, das sich gegenwärtig mit ungeheurer Geschwindigkeit in der Welt verbreitete, was eine absolute Verblödung ganzer Gesellschaftsschichten innerhalb von nur Wochen zur Folge hatte. Es war in höchstem Maße erstaunlich, wie effektiv die primitivsten Methoden der Manipulation des Bewusstseins wirken konnten!

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Der Brockenwicht von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Die Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 9.847
Online Seiten: 130
PDF Downloads: 0
PDF Seiten: 298
EPUB Downloads: 0
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 495535
Druckwörter: 91448
Buchseiten: 384
Erschienen: July 2022

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