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Der Brockenwicht: Seite 69

»Wie weit bist du denn mit der Welteroberung gekommen?«, scherzte die dämonische Katzenfrau. »Du hast ja mal was für die Chinesen und Russen gemacht in Sachen Destabilisierung der Weltordnung!«

»Nicht ich allein. Wir waren bei dem Auftrag mit zwanzig Mann dran. Na ja, mit wechselndem Erfolg … So einfach läuft es nicht mehr wie vor fünf Jahren, als wir in Amerika den Blödmann an die Macht gebracht haben mit der Frisur, als hätte sich bei ihm auf dem Kopf ein Marder eingenistet. Zu viele ahnen schon, dass es nicht mit rechten Dingen zugeht. Aber trotzdem war es eine tolle Zeit: Die Russen mit den Chinesen haben auch ihre Spezialisten geschickt, die Bots, die sie installiert haben, sind so geil. Du drückst paar Knöpfchen und schon brüllen tausende von Idioten: ›America great again!‹ Geil! Wir waren ein gutes Team!«

»Mmh«, gab das höllische Weibsbild bestätigend von sich. »Hast du gehört, dass der Chef jetzt die komplette Strategie geändert hat?«

»Was denn?«

»Er setzt jetzt weniger auf Staatsoberhäupter, sondern auf Destabilisierung durch Spaltung nach ethnischen und nationalen Merkmalen, kulturellen Unterschieden, Glaubensbekenntnissen, Wertesystemen – so was halt. Verstehst du? Da hinten arbeitet eine Gruppe schon seit einem Jahr an der Umsetzung.« Sie deutete auf die Ungeheuer, die in der Reihe hinter ihnen saßen.

Verdammt! Ich zerging innerlich in nicht dichterischen Metaphern und Vergleichen. Auch hier hatte er also die Finger im Spiel. Ich hatte mich schon gewundert, dass plötzlich wieder rund um die Welt auf eine mysteriöse Weise der sogenannte nationale Stolz im Bewusstsein der Menschen erwachte, wie ich es selbst noch nie erlebt, dennoch mehr als genug davon gelesen und gehört hatte – der patriotische Wahn ging immer einer vernichtenden kriegerischen Auseinandersetzung voran. Und ich befürchtete, dass Mephisto zu meinem Entsetzen auch noch auf das richtige Pferdchen gesetzt hatte, um den Untergang des menschlichen Geschlechts herbeizuführen. Nein, offensichtlich war die Menschheit nicht imstande, Lehren aus ihrer eigenen Geschichte zu ziehen. Bereits in der dritten Generation nach dem Ende des blutigen Gemetzels des jüngsten Weltkrieges, der nicht zuletzt durch den übermäßigen Genuss des trüben Weines des Nationalismus ausgelöst worden war, hörte man bei den Enkelkindern derjenigen, die sämtliche Reize einer nationalistischen Herrschaft am eigenen Leibe erfahren hatten, patriotische Parolen über die Lippen gleiten. Vorerst. Nationalismus war doch eine logische Fortsetzung des Patriotismus, oder? Zumindest waren mir keine nationalistisch geprägten Regimes bekannt, die nicht mit Patriotismus angefangen hatten. Offenbar brauchte der Mensch immer einen persönlichen Bezug, seine eigene Erfahrung. Die Fähigkeit, die Gefahren nur aufgrund der reinen Vernunft an den Beispielen und Verhaltensmustern anderer zu erkennen, gehörte mitnichten zu seinen Stärken. Und diesen schwachen Punkt hatte der Teufel nun gefunden.

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Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Roman von Nikolaus Warkentin
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Ich wollte weg hier. Schleunigst. Es war vielleicht besser, wenn ich nicht noch weitere Einzelheiten und Interna dieser Lügenfabrik erfahren würde, wo ungeheuerlichste Fake News am Fließband generiert und am Ende hübsch verpackt in alle Welt verschifft wurden. Ich rannte los wie um mein Leben! Es war mir absolut gleichgültig, ob aufgrund meiner schnellen Bewegung irgendwelche Kreaturen auf mich aufmerksam geworden wären. Bloß weg von hier!

Ich lief wie ein Wahnsinniger den Pfad entlang, vorbei an weiteren Lagerfeuern, und sah aus den Augenwinkeln, dass dort ebenfalls irgendwelche Sitzungen von finsteren Gestalten abgehalten wurden und überall Computerbildschirme und Handydisplays in der Dunkelheit flimmerten. Die Anwesenden gingen auf im Geschäftseifer. Ich folgte unbeirrbar dem leuchtenden Betonwabenweg und blieb keine Sekunde stehen, ein Ziel vor Augen: den Sendemast auf dem Brocken. Dort musste es einen Ausgang aus dieser skurrilen Welt geben. Irgendwie war ich felsenfest davon überzeugt, obgleich auch nichts in der Umgebung darauf hindeutete. Mein Brockenwicht hatte gesagt, dass ich unbeschadet zum Gipfel kam, wenn ich seine Worte beherzigen würde: »Nichts ist so, wie es scheint!« Ich glaubte, dass hatte ich jetzt. Ich wusste einfach, dass es vorne einen Ausgang gab, und alles hinter mir war Quatsch und Einbildung. Und natürlich hatte der kleine Schelm gelogen, als er gesagt hatte, er wäre nie auf dem Hirtenstieg nach oben gegangen! Keiner von denen, hatte er gesagt. Ganz sicher war er schon hier gewesen, und nicht nur einmal! Sonst hätte er nie im Leben gewusst, wie man sich verhalten sollte und dass alles hier einfach Täuschung war. War es das wirklich? Es war mir einerlei, ich wusste der Ausgang war in der Nähe. Er musste hier irgendwo sein, denn ich befand mich schon praktisch unter den Warnleuchten des Sendemastes, am Fuße des Gipfelhügels, obwohl der Weg noch weiter zwischen den brennenden Lagerfeuern führte. Es gab keine andere Wahl, ich rannte weiter so schnell ich konnte, bis ich plötzlich eine menschliche Figur auf dem Pfad im Laufschritt auf mich zukommen sah. Es ging alles sehr schnell, die Gestalt näherte sich mit rasender Geschwindigkeit und das Letzte, an was ich mich erinnern konnte, war ein heftiger Zusammenprall. Ich sah nur bunte Kreise und ging schließlich bewusstlos zu Boden.

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Der Brockenwicht von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Die Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 9.844
Online Seiten: 130
PDF Downloads: 0
PDF Seiten: 298
EPUB Downloads: 0
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 495535
Druckwörter: 91448
Buchseiten: 384
Erschienen: July 2022

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