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OPEN DIGITAL LITERATURE PROJECT
Der Brockenwicht: Seite 25

Er grunzte geschmeichelt. »Indem du nächstes Mal zu Hause bleibst!«

»Wie soll ich das verstehen?«, fragte ich verwundert.

»Wir haben hier Personalmangel. Was denkst du denn? Wir müssen Tag und Nacht irgendwelche Amateure zum Blocksberg hinaufführen, sonst verenden sie hier alle! Die Menschen wissen nicht, worauf sie sich einlassen und mit welchen Kräften sie es zu tun haben. Wanderer! Viermal am Tag muss ich die Strecke von den Fällen bis zum Hirtenstieg machen! Und für was? Für nichts und wieder nichts. Für ein paar Eicheln, die wir uns für den Winter zurücklegen können!«

»Ist es denn so schlimm, wenn wir einmal den sagenumwobenen Berg besuchen wollen?«

»Schlimm?«, konterte er grimmig. »Schlimm ist nicht das richtige Wort. Menschen kommen täglich zu Hunderten mit der Bimmelbahn zum Gipfel und lassen den alten Vetteln keine Ruhe! Früher haben sie das ganze Jahr über geschlafen in ihren Höhlen und nur an einer einzigen Nacht ihren Hexensabbat gefeiert. Jetzt reiten sie jede Nacht auf ihren Besen herum und machen die Gegend unsicher, wir sind auch nicht unverwundbar! Gegen die verflixten Weiber können wir nichts ausrichten und müssen uns in unseren Löchern verkriechen.«

»Aber Moment … Den Oberzwerg hast du ja vorhin vertrieben, oder?«

»Nix da«, antwortete der Brockenwicht traurig, »keinen habe ich richtig verjagt. Sie sind noch alle hier in der Gegend. Ich kann sie mit meiner Zauberkraft nur auf Distanz halten. Schau doch mal aufmerksam, was ringsum geschieht. Dabei ist es nur eine Bande von armseligen Gnomen unter der Führung eines elenden Gartenzwergs aus dem Wald am Fuße des Berges, so eine Art Selbstdarsteller, obwohl auch äußerst gefährlich. Die Megären von oben sind eine ganz andere Nummer!«

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Das Geheimnis des vernebelten Passes

Das Geheimnis des vernebelten Passes

Reiseroman von Nikolaus Warkentin
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Ich folgte dem Rat und sah mich um. Zu meinem Entsetzten musste ich feststellen, dass er recht hatte. Die heile Welt, die ich inzwischen mit neuer Kraft liebgewonnen hatte, erstreckte sich über einen Bereich, der höchstens fünfzig Meter im Durchmesser groß war. Nach wie vor hoben sich die Wurzeln weiter vorne auf dem Weg, wenn sie die nahende Beute spürten, und sanken wieder willenlos auf den Pfad unter der betäubenden Wirkung des Wichtzaubers. Hinter mir geschah das Gleiche in umgekehrter Reihenfolge: Sie schnellten empört in die Höhe, sobald der Einfluss des Zaubers nachgelassen hatte, und legten sich wieder enttäuscht auf die Steine, wenn sie begriffen, dass es nichts mehr zu holen gab. Hinter der ersten Baumreihe entdeckte ich erneut die grünlich leuchtenden Tröpfchen an den Spitzen der Tannennadeln. Es war mir, als hörte ich hin und wieder von hinten einen schweren, zischenden Atem und ein seltsames Geräusch von Schritten, die wie Pferdehufen auf dem harten Fels klangen. Ich konnte aber niemanden sehen. Der Spuk war also noch nicht vorbei und wenn man all dem glaubte, was der Brockenwicht erzählte, hatte er noch nicht einmal richtig begonnen. Ich fing an zu zweifeln, ob ich heute noch wirklich den Blocksberg besteigen wollte. Sich umzudrehen und zurück nach Ilsenburg zu gehen, wäre jetzt vielleicht das Richtige gewesen, aber ich war mir nicht sicher, dass ich in diesem unwirklichen Wald zurückwandern wollte. Allein hätte ich es nie geschafft, ich war auf die Hilfe des Brockenwichts angewiesen, und was er diesbezüglich dachte, konnte ich schon ahnen. Er hatte auch irgendwelche Sollvorgaben von seinem Oberwicht, soundso viele Wanderer durch den Wald zu bringen. Er wäre also eher nicht gewillt gewesen. Ich wollte ihn nicht ärgern und hielt mich mit meinen Wünschen zurück. Außerdem konnte ich mich nicht einfach aus dem Staub machen, es gab noch Geli und ich musste sie irgendwie aus dieser skurrilen Welt herausholen.

»Sie sind also alle real«, sagte ich bedrückt. Es war eher eine Feststellung für mich selbst, aber der Brockenwicht hatte es als Einladung zur Fortsetzung des Gespräch verstanden.

»Für mich geht es kaum realer. Für dich, glaube ich, auch. Hihihi. Aber die meisten Menschen merken nichts davon!«

»Eine sehr beruhigende Nachricht«, bemerkte ich sarkastisch. »Sag mal, kannst du dein dümmliches ›Hihihi‹ nicht irgendwie lassen? Es nervt mich schon seit heute Morgen!«

»Tut mir leid!«, erwiderte er trocken. »Ich war es gar nicht heute Morgen, nebenbei bemerkt. Es waren meine Kollegen, die nach solchen wie du unten Ausschau halten. Und nein, ich kann es nicht lassen. Es ist unsere Art zu lachen. Wir lachen alle so und checken dabei, ob uns jemand hören und sehen kann – der ist unser Mann. Von deiner Ankunft wusste ich schon heute in der Früh. Ich kann's beweisen! Der Auftrag war doch noch … irgendwo in …« Er kramte konzentriert in seinen Taschen.

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Der Brockenwicht von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Die Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 9.822
Online Seiten: 130
PDF Downloads: 0
PDF Seiten: 298
EPUB Downloads: 0
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 495535
Druckwörter: 91448
Buchseiten: 384
Erschienen: July 2022

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