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Der Brockenwicht: Seite 26

»Ihr habt ja hier eine richtige Arbeitsteilung«, ironisierte ich weiter. »Lass es mit deinem Auftrag, ich glaub es dir. Viel lieber hätte ich gewusst, wann der ganze, Entschuldigung, Mist hier aufhört?«

»Jammer bloß nicht rum wie ein kleines Kind!«, herrschte mich der Brockenwicht an. »Es ist immer das Gleiche mit euch: ›Wann hört es auf? Wann hört es auf?‹ Amateure! Gleich hört es auf … wenn dieser Wald sich lichtet! Dann kannst du entspannter wandern.«

»Okay«, nahm ich seine Auskunft erleichtert zur Kenntnis.

Ich schnaufte wie eine Dampflokomotive und setzte unermüdlich einen Fuß vor den anderen wie eine Maschine, obwohl mein Körper mir ununterbrochen etwas von dem äußersten Erschöpfungszustand ins Ohr flüsterte, in dem ich mich angeblich befand. Ich merkte nichts davon, wie auch von allem, was um mich herum geschah, mein Wunsch, das langersehnte Ende des Waldes zu erreichen, war so groß, dass ich mich nur auf meine Schritte konzentrierte und den Brockenwicht beinahe schon vergessen hatte, als er sich wieder zu Wort meldete.

»Da kommt die Lichtung«, stellte er fest in sachlichem Ton.

Ich hielt an, nahm die Brille ab und wischte mir den Schweiß aus dem Gesicht. Tatsächlich, das Ende des dunklen Tunnels war in greifbarer Nähe. Keine dreißig Meter von uns entfernt wurde der Pfad merklich flacher und noch ein Stückchen weiter sah man schon, dass hinter der Biegung wesentlich mehr Licht in den Wald fiel.

»Ich glaube, ich habe auch schon deine Frau gesehen«, fuhr mein Schutzengel auf der Schulter fort. »Sie müsste jetzt hinter der Kurve sein.«

»Das … das sagst du erst jetzt?« Ich kämpfte mit dem Atem.

»Du hättest mich in deinem Zustand sowieso nicht gehört! Außerdem bist du auch so schon schnell genug nach oben gelaufen. Gute Leistung, junger Mann!«

»Behalte deine Scherze für dich.« In Eile setzte ich meinen Weg fort, denn ich wollte endlich das Tageslicht sehen und frische Luft atmen.

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Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Roman von Nikolaus Warkentin
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Vor Erschöpfung taumelnd stolperte ich über den letzten Stein des verhassten Pfades in die ausgebreiteten Arme der Freiheit. Mit großer Freude stellte ich fest, dass die Welt noch existierte und es in dieser Welt noch Angelina gab, die gerade unentschlossen an der Mündung des Pfades in einen Schotterweg stand. Sie wartete offensichtlich auf mich.

»Bitte halte jetzt dein Mundwerk«, wies ich den Brockenwicht strengstens an. »Kein Wort!«

»Von mir aus«, sagte er beleidigt leise vor sich hin. »Sie kann mich sowieso nicht hören. Mit deiner Frau musst du schon selbst sprechen.«

Ich hatte nicht vor, Geli auch nur das Geringste von meiner Odyssee im Reich des Oberzwergs zu berichten. Sie hätte mich für verrückt erklärt. Vielmehr beschloss ich, kein Wort darüber zu verlieren und so zu tun, als wäre nichts gewesen.

»Was ist mit dir passiert?«, wunderte sie sich, als sie meine verschmutzte Kleidung sah.

»Ich bin auf einem Stein ausgerutscht und hingeflogen«, offenbarte ich nur die halbe Wahrheit.

»Dein Gesicht ist auch ganz dreckig!« Meine Frau nahm ihren Rucksack ab, holte ein Taschentuch heraus und putzte meine rechte Wange, während der Brockenwicht auf der linken Schulter mucksmäuschenstill saß.

»Wo sind wir hier überhaupt?«, fragte ich schließlich, als Geli mit dem Ergebnis ihrer Putzaktion zufrieden zu sein schien und von meinem Gesicht abließ.

»Stempelsbuche«, flüsterte mein Kobold mir ins Ohr.

Ich drehte mich von Angelina ab, während ich den Wanderführer aus der Hosentasche herausholte, und flüsterte wütend zurück: »Verdammt! Ich habe dir gesagt, du sollst die Klappe halten!«

»Was meinst du?«, fragte meine Frau ahnungslos.

»Nichts«, wich ich der Frage aus. »Ich habe mit mir selbst gesprochen.«

Ich öffnete den Wanderplan und sah nach. Eine Stempelsbuche war dort tatsächlich eingezeichnet. Sie lag laut Wanderführer an einer Kreuzung, aber dieser Scheideweg, an dem wir standen, konnte es unmöglich sein, denn es wuchsen keine Buchen in der Gegend und Stempelstellen sah ich auch keine. Plötzlich bekamen wir Gesellschaft. Der einsame Wanderer im roten T-Shirt, der uns schon an den Ilsefällen überholt hatte, tauchte links auf der Schotterstraße auf, nickte uns im Vorbeigehen zu und wanderte weiter auf dem Forstweg.

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Der Brockenwicht von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Die Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 9.822
Online Seiten: 130
PDF Downloads: 0
PDF Seiten: 298
EPUB Downloads: 0
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 495535
Druckwörter: 91448
Buchseiten: 384
Erschienen: July 2022

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