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Der Brockenwicht: Seite 127
»Na!« mischt sich der Wicht ein. »Fang jetzt nicht damit an. Du warst hier doch gestern.« Richtig, gestern waren wir schon einmal hier, auf dem Platz mit dem riesigen Teich und dem Pipenpal, als wir unseren Rundgang durch Ilsenburg machten. »Es ist der Forellenteich«, gibt Dominik die Information weiter, die ihm auf dem Bildschirm angezeigt wird. Angelina erinnert sich ebenfalls an den Platz mit dem Pipenpal. Wir erklären Leonie gemeinsam die Bestimmung dieser Einrichtung und Brockenwicht offenbart mir alsdann seinen schlauen Plan. »Wie komme ich hier wieder raus?«, frage ich mich zunächst laut. »Anhalten wäre wohl keine gute Idee, der schwarze Wagen ist dicht an uns dran.« »Jammer nicht rum«, meint der Wicht. »Mach Folgendes: Fahre jetzt in die Straße auf der anderen Seite des Platzes. Gib schon Gas!« Auch Dominik meldet sich auf meine Frage: »Einfach geradeaus über den Platz! Die Straße führt zu einem Kreisel, dort bitte rechts fahren.« Ich gebe Gas, doch der schwarze Wagen ist nicht abzuschütteln. Er hält immer den gleichen Abstand zu uns. »Ich hoffe, du bist ein guter Fahrer!«, bemerkt der Wicht geheimnisvoll. »Fahre bis zur Haltelinie am Kreisel, warte so lange, bis ein Auto kommt, am besten mehrere hintereinander, und dränge dich vor! Selbst auf die Gefahr hin, dass du einen Unfall baust. Und dann nichts wie weg vom Kreisel, gleich rechts abbiegen. Hast du alles verstanden?« Die Reifen quietschen und der Fahrer des Autos, das ich schneide, zeigt mir einen Vogel, aber es funktioniert. Ich rase davon. »Siehst du die Seitenstraße? Reinfahren, parken, still bleiben!« Ich folge seinem freundschaftlichen Rat und glaube, seinen Plan endlich durchschaut zu haben. Er ist ganz schön trickreich. »Das waren sie!«, sagt Dominik, der die Hauptstraße durch die Heckscheibe beobachtet, einige Minuten später.
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»Gut«, meine ich zu ihm. »Dann können wir uns ja auch gleich auf den Weg zum Bahnhof machen.« »Warte noch, bis Blocksberg mit der kleinen Hexe ganz weg sind«, warnt der Wicht vor unüberlegten Aktionen. Esmeralda ist also auch dabei. Na ja, was könnte man sonst noch erwarten. Ihre Befehle hat sie zusammen mit Blocksberg bekommen. »Ist es dein Bekannter, der uns verfolgt?«, erkundigt sich Dominik. »Ich denke mehr an den Typen im Lederhut. Du hast ja gehört, welche Aufgabe er bekommen hat. Mir die Knochen zu brechen.« Die Anwesenheit von dem Hexchen verschweige ich. »Ist auch egal, wer es ist. Hauptsache, wir können jetzt ruhig zum Bahnhof fahren. Übrigens, alle Achtung, es war ein guter Einfall, wie man das Auto abhängen kann!« Dass es gar nicht meine Idee war, behalte ich ebenfalls für mich. Dominik muss nicht zwingend etwas von meinem kleinen, treuen Begleiter wissen, sowie alle anderen, es ist nur mein, persönlicher Brockenwicht. Der Traum geht weiter. Ich schwebe in der Luft über dem Städtchen, genauer genommen über dem Bahnhof, und sehe unten die Gleise und einen Bahnsteig, auf dem ein Dutzend Leute auf den Zug warten. Eine Regionalbahn fährt ein, es kommt Bewegung in die Menge, ich bemerke auch Leonie mit Dominik, die sich zur Tür begeben und in den Zug einsteigen. Der Bahnsteig ist nun verwaist, aber es gibt noch kein grünes Zeichen zur Weiterfahrt der Bahn, als würde sie noch auf jemanden warten. Die Nachzüglerin kommt aus dem Bahnhofsgebäude heraus und es läuft mir kalt den Rücken hinunter. Es ist Esmeralda, adrett gekleidet als Geschäftsfrau, mit einem Aktenkoffer in der Hand. Sie stöckelt über den Bahnsteig, betätigt den Knopf einer Waggontür und steigt ein. Die Türflügel schließen mit einem zischenden Geräusch und der Zug fährt ab. Das verdammte Schlitzohr von Blocksberg hat mich überlistet. Ich bin ihm entkommen, aber er hat es geschafft, den jungen Leuten eine Hexe auf den Hals zu hetzen. Ich muss sie warnen, aber wie? Die Bahn ist schon weit weg. Anrufen! Ich kann sie doch anrufen, fällt es mir ein, das Handy liegt in meiner Hosentasche. Ich tippe mit dem Finger auf die Nummer in der Anrufliste, die ich am Waldhotel im Ilsetal gewählt habe, um Dominik anzurufen. Es klingelt durch, keiner geht dran. Verflixt, die beiden befinden sich in ernster Gefahr.
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KurzinhaltDie Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?Über den Autor
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