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Der Brockenwicht: Seite 128
Ich merke, wie sich vom Straßenrand am Bahnhofvorplatz ein schwarzer Wagen löst und langsam die Straße entlangfährt. Der schwarze Wagen, die Limousine mit getönten Scheiben. Von Blocksberg! Er bewegt sich in die gleiche Richtung, in die wir mit Geli vor wenigen Minuten abgefahren sind. Er hat wieder Witterung aufgenommen, die Spur ist noch heiß! Mein Telefon klingelt, wahrscheinlich ruft Dominik zurück, aber es verstummt, noch ehe ich auf das Display schauen kann. Vermutlich ist im Zug wieder die Funkverbindung zusammengebrochen. Unterdessen bringt Karl uns mit Geli immer weiter weg von Ilsenburg. Der Brockenwicht auf meiner Schulter navigiert. Vorne ist schon der Ort zu sehen, der an der ehemaligen innerdeutschen Grenze liegt – ich vergesse immer, wie er heißt, nur wenn ich das Ortsschild sehe, entsinne ich mich des Namens. »Ich bin überzeugt, dass wir gleich wieder Besuch bekommen«, sagt der Wicht beunruhigt. Die Frauenstimme aus der Kartenapp redet dazwischen: »Nach einem Kilometer abbiegen auf die Erlebnisstraße der deutschen Einheit.« »Kannst du ihr bitte das Maul stopfen?«, bitte ich meine Frau genervt. »Ich weiß jetzt auch ohne sie, wie wir fahren müssen.« »Oder soll ich es ganz ausschalten?«, fragt Geli, nachdem sie die App beendet hat. »Es ist eine gute Idee mit dem Ausschalten!«, merkt der Wicht sarkastisch an. »Höchste Zeit, von Blocksberg verfolgt unsere Spur und wird gleich auftauchen in seiner schwarzen Limousine.« »Kannst auch ganz ausschalten«, antworte ich erschöpft. »Ich will nichts mehr hören.«
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»Oh«, sagt sie auf einmal, »dich hat jemand angerufen«, und zeigt mir die Benachrichtigung auf dem Bildschirm. Ich wundere mich: »Wer soll mich denn angerufen haben? Keine Ahnung. Die Nummer kenne ich nicht. Schalt aus, es ist egal.« »Wie geht es denn auf deinem Telefon?«, fragt sie hilflos. »Na wie soll es denn sonst gehen, genau wie auf deinem auch!«, meine ich entnervt, während wir auf die angekündigte Kreuzung zufahren. »Knopf drücken und halten, bis ›Ausschalten‹ angezeigt wird!« »Wieso schreist du mich denn an?«, gibt sie unzufrieden zurück. »Sorry! Weil ich total müde bin und du mir … Mist! Jetzt bin ich wegen dir falsch abgebogen! Verdammt!« »Beruhige dich!«, meldet sich der Brockenwicht erneut. »Ich habe dich nach rechts abbiegen lassen. Sie hat nichts damit zu tun.« Ich bin etwas irritiert und frage ihn, wie er das meint, er habe mich abbiegen lassen. »Es gibt da ein paar Tricks, von denen du nichts wissen musst. Es war erforderlich. Du warst beschäftigt und hast auf meine Hinweise nicht reagiert.« Natürlich! Es ist wieder typisch: Ich muss nichts davon wissen, wie mein Bewusstsein manipuliert wird! Das ist für mich seit meinem Brockenbesuch kein Geheimnis mehr, aber dass auch der Brockenwicht diese Kunst beherrscht und anwendet, davon war mir bis jetzt nichts bekannt. Allein, warum müssen wir um Gottes willen in die entgegengesetzte Richtung fahren? »Um von Blocksberg zu verwirren. Er muss dich hier in Stapelburg endgültig aus den Augen verlieren. Es sei denn, du willst, dass er dich auch zu Hause behelligt. Hast du etwa die Absicht, deinen Vertrag zu erfüllen?«
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KurzinhaltDie Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?Über den Autor
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