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Der Brockenwicht: Seite 12

»Hier gibt es aber kein ›Oh-Eff-Eff‹!«, entgegnete sie gereizt. »Veräppeln kann ich mich selbst.«

Es war eine ganz alte Geschichte, über die wir uns mit den Kindern noch bis heute jedes Mal köstlich amüsierten, wenn sie zufällig aus irgendeinem Anlass aus den Tiefen der Erinnerungen an die Oberfläche kam. Geli ärgerte sich immer und spielte die Beleidigte, wenn wir sie neckten und Witze über den bisher unbekannten Betriebsmodus machten, gab aber bald ihre Verteidigung auf und lachte mit, was das Ganze noch aufregender machte.

 

Zu der Zeit, als man die Niederlande noch als Holland bezeichnet hatte, waren wir einmal mit Angelina und Evelin, unserer Tochter, am südwestlichen Zipfel des Landes mit seinen wunderschönen feinsandigen Stränden in der Gegend rund um Westkapelle unterwegs, um uns etwas an der Nordsee abzukühlen. Es war ein sehr heißer Sommer im Jahre zweitausenddrei, eine Hitzewelle jagte die andere, sodass wir mit meiner Frau nicht lange überlegen mussten, als Evelin anrief und einen Wochenendausflug nach Holland vorschlug. Sie wohnte nicht mehr zu Hause, weil sie schon liiert war und sich eine Wohnung mit ihrem Gefährten teilte. Sie hatte Ferien und langweilte sich in vier Wänden, während ihr Partner sich auf seine Abschlussprüfung an der Fernuniversität vorbereitete. Erika, die mittlerweile ebenfalls ihren eigenen Hausstand hatte, musste in der Zahnarztpraxis ihren Dienst machen und konnte nicht mit. Es war angenehm kühl, eine frische Brise von der Nordsee brachte feuchte Luft und kitzelte die Haut, die Möwen kreischten und zankten sich an der Brandungslinie um die flüchtenden Krebse, als wir am späten Samstagnachmittag an Ort und Stelle waren. Es bot sich keine einzige Gelegenheit, auf einem Campingplatz unterzukommen, und um ehrlich zu sein, hatte ich damit auch nicht gerechnet, obgleich wir unser großes Bungalowzelt auf gut Glück mitgenommen hatten. Wir stellten das Auto schon am späten Abend auf einem Parkplatz für Tagesausflügler an der Straße ab, die gleich hinter dem Deich verlief, und machten neben dem Wagen den Grill an – der Platz war leer. Wir übernachteten im Auto so gut es ging, Evelin schlief quer auf den Vordersitzen und wir mit Geli klappten die hintere Sitzbank um und machten es uns im Kofferraum gemütlich. Schon am frühen Morgen gingen wir zum Strand, lange auf einer engen Fläche mit eingezogenen Beinen zu verweilen, war nicht jedermanns Sache, meine auf jeden Fall nicht. An diesem Tag genoss sogar ich, ein ausgesprochener Strandmuffel, den Aufenthalt zwischen den sandigen Hügeln von Westkapelle, geschweige denn der Rest der Familie. Meine Frauen waren bekennende Sonnenanbeterinnen. Sie gingen häufig in das kühle, um nicht zu sagen recht kalte Nass der Nordsee und sonnten sich anschließend regungslos auf dem Tuch wie zwei schlafende Robben. In den Pausen zwischen den Liegeübungen spielte Geli mit der Fotokamera. Sie hatte sich offenbar vorgenommen, alle Funktionen und Einstellungen auszuprobieren, die das Gerät zu bieten hatte. Sie drehte hin und her an dem Rädchen, das die Kameraeinstellungen für das eine oder andere Fotomotiv automatisch optimierte, und hatte schon Portraits von Vögeln gemacht, Strandlandschaften aufgenommen und Panoramas vom Meer mit einem Frachtschiff in der Ferne auf den Film gebannt, als ich einen leichten Hunger verspürte und meiner Tochter vorschlug, über den Deich in den Ort zu gehen und sich nach einer Einkaufsgelegenheit umzusehen. Wir ließen Angelina allein auf dem Strandtuch bei ihrer Beschäftigung. Sie bewegte nach wie vor die Strichmarkierung auf dem Einstellungsrad zum nächsten Symbol oder einer englischen Abkürzung, um gleich die noch unbekannte Funktion auszuprobieren, – sie war nicht ansprechbar. Unverändert saß sie auf dem Strandtuch mit der Kamera in den Händen, als wir zurückkehrten, ohne besonders viel Erfolg bei unserer Suche gehabt zu haben, sah aber nunmehr etwas besorgt aus. Wir hatten schon aus der Entfernung gesehen, wie sie die Kamera hin und wieder ans Auge hielt, auf ein Motiv richtete und sie kurz darauf enttäuscht absetzte.

»Es klappt nicht«, beschwerte sie sich bei uns.

»Was?«, wollte unsere Tochter wissen.

»Ich wollte jetzt von dir eine Bilderserie in der Bewegung machen. Die Funktion gibt es, ich habe es in der Anleitung gelesen. Ich finde sie aber nicht. Ich habe schon alles durchprobiert, die Kamera reagiert nicht!«, bedauerte sie.

»In welchem Modus hast du denn es versucht?«, fragte Evelin und nahm den Fotoapparat an sich.

»Keine Ahnung, da steht irgendwas auf Englisch ›Oh-Eff-Eff‹, ich verstehe es nicht!«, gestand meine Frau.

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Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

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Roman von Nikolaus Warkentin
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Der Brockenwicht von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Die Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 9.819
Online Seiten: 130
PDF Downloads: 0
PDF Seiten: 298
EPUB Downloads: 0
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 495535
Druckwörter: 91448
Buchseiten: 384
Erschienen: July 2022

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