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OPEN DIGITAL LITERATURE PROJECT
Der Brockenwicht: Seite 117

»Wer, sie?« Dominik sah mich misstrauisch an.

»Ich muss euch allen etwas Wichtiges sagen«, fing ich mit meiner Offenbarung an, als sich alle aufgerichtet hatten. »Leoni hat vorhin gefragt, ob die Hexengeschichten, die im Harz erzählt werden, wahr sind. Ich habe zwar nicht gelogen, als ich sagte, es hänge von der Sichtweise ab, aber auch nicht die ganze Wahrheit gesagt.«

Meine Frau kannte schon die Geschichte von Hexen und Zerbolten und hörte kaum zu, während ich sprach. Stattdessen sah sie sich lieber die schäumenden Fluten der Ilse an. Doch die jungen Leute folgten jedem Wort.

»Es passieren Dinge in dieser Gegend«, fuhr ich fort, »merkwürdige Dinge, die einen sehr seltsam anmuten. Es gibt sie wirklich: die Hexen, die Ungeheuer, den Teufel. Sogar den Doktor Faust, den gibt es auch! Das Dumme daran ist, es kann sie nicht jeder auf direkte Weise wahrnehmen. Nur ganz bestimmte Menschen haben eine Veranlagung dazu. Welche, weiß ich nicht, aber offensichtlich gehöre ich zu diesem Kreis, wie ich heute festgestellt habe.«

»Willst du etwa sagen …?«, setzte Dominik zur Frage an, als Leonie ihn unterbrach.

»Dominik, lass es!«, herrschte sie ihn an. »Hör doch einfach zu, es ist spannend.«

»Ich kann es euch an eurem eigenen Beispiel deutlich machen«, sprach ich weiter. »Als wir mit Geli euch an der Schutzhütte gefesselt vorfanden, waren beispielsweise nicht nur zwei dubiose Männer an eurer Geiselnahme beteiligt. Weitaus mehr Personen, sozusagen, haben dort mitgewirkt, wenn nicht die entscheidende Rolle bei der Erledigung der Schmutzarbeit gespielt.«

Leonies Augen rundeten sich. Geli wandte sich von der Ilse ab und sah mich interessiert an, in diesen Teil meiner Geheimnisse hatte ich sie auch noch nicht eingeweiht, und Dominik sagte, als fühlte er sich in einer Vermutung bestätigt: »Ich hatte doch recht. Es kam mir die ganze Zeit so vor, als würde dein Bekannter noch mit jemandem sprechen außer dem Mann im langen Mantel.«

»Ja, und zwar mit den Schattenzwergen«, erklärte ich ihm den Zusammenhang.

»Mit wem?«, fragte Leonie misstrauisch.

»Mit den Schattenzwergen. Es gibt hier eine Art verhexte Tierchen, ich habe Geli von ihnen schon erzählt, aber sie kann die Kreaturen weder sehen, noch kann sie ihr Geflüster hören. Sie sind sehr gefährlich. Mit ihren Zähnchen nagen sie dicke Baumstämme durch, es sei denn, sie überfallen Wanderer, dann fressen sie sich durch ihre Knochen. Irgendwie stehen sie auf harte Sachen. Die Tierchen hast du auch nicht wahrgenommen, bis dich eines, ihr Anführer, genauer gesagt der abscheuliche Oberzwerg, am Oberschenkel gebissen hat.

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Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Roman von Nikolaus Warkentin
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Das Mädchen tastete instinktiv die Bissstelle an ihrem Bein ab, anscheinend konnte sie sich an die Schmerzen noch in allen Einzelheiten erinnern.

»Und wen gab es da noch?«, erkundigte sich Dominik.

»Eine junge Hexe, eine Halbhexe, um genau zu sein. Sie hat mich schon auf dem Brocken belästigt, ich hab sie dort getroffen. Aber sie spielt jetzt eine untergeordnete Rolle, ich weiß nicht, ob sie für euch je eine Relevanz haben wird. Eher nicht.«

»Und was oder wer spielt eine Rolle?«, wollte nunmehr Leonie etwas zum aktuellen Stand der Dinge wissen.

»Nach wie vor die widerlichen Gnome«, antwortete ich. »Sie waren vor fünf Minuten alle wieder hier, ihr unheimliches Geflüster hast du auch gehört. Sie sind augenblicklich nicht unmittelbar hinter uns her, aber größte Vorsicht ist geboten.«

»Mussten wir uns wegen ihnen verstecken?«, meldete sich Angelina zu Wort.

»Genau«, gab ich bestätigend von mir. »Denn das, was ich gesehen habe, stimmt mich nicht besonders optimistisch, wenn ich es so sagen darf. Leonie, du hast ja vorhin gesagt, dass du drei Jungen gesehen hast, die ganz normal vorbeigewandert sind?«

»Ja.« Sie verstand immer noch nicht, was ich von ihr wollte. »Das habe ich doch schon gesagt.«

»Und dir ist nichts Außergewöhnliches an ihnen aufgefallen?«

»Nein, absolut nichts. Ich …«

»Dann muss ich dich gleich enttäuschen«, fiel ich ihr ins Wort. »Es waren keine Menschen. Es waren wandernde Skelette. Ich vermute, die Zwerge haben nach unserer Begegnung noch eine Geiselnahme veranstaltet, und zwar mit diesen drei Jungen. Diesmal haben sie alles konsequent bis zum Schluss durchgezogen. Frag mich nicht, wie sich das verhält, aber offenbar haben sie irgendeinen Stoff im Speichel, der das Muskelgewebe auflöst und nur die Knochen übrig lässt, die sie dann als wandernde Skelette vor sich hertreiben, um sie in ihre Türmchenstadt zu bringen. Du hast unglaublich viel Glück gehabt, dass sie dich nur einmal gebissen haben, sonst wärst du jetzt auch ein Haufen Knochen. Guck dir deine Wunde an, sie ist auch fast bis zum Knochen durchsichtig.«

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Der Brockenwicht von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Die Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 9.860
Online Seiten: 130
PDF Downloads: 0
PDF Seiten: 298
EPUB Downloads: 0
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 495535
Druckwörter: 91448
Buchseiten: 384
Erschienen: July 2022

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