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OPEN DIGITAL LITERATURE PROJECT
Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 84

»Picknick neben den Toiletten!«, witzelte Geli.

»Nicht ganz. Nur auf einer Bank neben dem Weg, der nach da führt!«, korrigierte ich sie, während ich die Pilgerwanderung der Hochzeitsgäste zu den heiligen Stätten aller Notdurftleidenden beobachtete, die alle an uns vorbeigingen und das bescheidene Angebot unseres Mittagstisches auf der Bank beäugten.

Nach nicht allzu langer Zeit kam ein Transporter die Straße hinuntergefahren und hielt vor dem Haupteingang neben dem großen Reisebus, mit dem vorhin schon die Gäste hergebracht worden waren. Zu meiner Überraschung erkannte ich unter den Männern in weißen Kitteln, die aus dem Kleinbus ausgestiegen waren, vertraute Gesichter der Kellner aus dem Hotel! Sie machten sich gleich an die Arbeit, luden Klapptische ab und fingen an, ihr Büfett auf der Wiese aufzubauen. Eine andere Gruppe beschäftigte sich mit der Installation einer Musikanlage.

Es war nicht der Tag, an dem man sich auf dem Platz ungestört ausruhen konnte. Wir folgten weiter dem Wanderpfad, der uns noch einmal um den Picknickplatz herum führte, um danach wieder im Dickicht des Lorbeerwaldes zu verschwinden. Zu meiner Schande verliefen wir uns eine halbe Stunde später. Ich stellte es fest, als wir auf die Passstraße aus dem Wald an einer Stelle hinausgekommen waren, die in keiner Weise der Beschreibung im Wanderführer entsprach. Es war aber nicht so schlimm, denn ich hatte ohnehin keine große Lust, wieder die gleiche Gegend auf dem Rückweg zu sehen und die Straße hätte uns so oder so ganz sicher zurück zum Pass gebracht. Ich nahm die Kamera, um noch ein paar Aufnahmen von Angelina zu machen – sie beschwerte sich, dass sie auf keinem Bild vorkam –, und schoss ein Foto, worauf sie müde und konzentriert die Straße zum Pass hinaufstieg.

Es war das letzte Bild auf der Speicherkarte. Ich lehnte mich zurück auf das weiche Polsterkissen des Dreisitzers und wartete, bis der aufgewühlte Strom der festgehaltenen Augenblicke in meinem Kopf langsam nachließ und die letzte brandende Woge der Erinnerungsflut mich an das Gestade der Realität spülte.

»Wir haben aber schon verdammt viel erlebt«, meinte ich.

»Aber wir waren noch nicht am Strand!«, brachte mich meine Frau endgültig auf den Boden der Tatsachen zurück. »Und wir haben nur eine einzige Wanderung gemacht!«

»Ja«, atmete ich mit Bedauern auf, »daran wird sich heute auch nichts mehr ändern, ganz bestimmt nicht. Ich glaube, es ist jetzt Zeit, ein Nickerchen zu machen!« Ich gab Geli die Speicherkarte zurück, stand auf und ging mit dem Notebook aufs Zimmer. Meine Frau wollte noch irgendwelche Fotos zuschneiden und setzte die SD-Karte in den Fotoapparat ein.

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Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Roman von Nikolaus Warkentin
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Ich hatte verhältnismäßig lange geschlafen für einen Mittagsschlaf, der Tag neigte sich schon dem Abend zu, als ich aufwachte und nicht den geringsten Wunsch verspürte, unter der kuscheligen Decke hervorzukriechen, um mir meinen Nachmittagskaffee zu machen. Im Zimmer war es nicht mehr so feucht und kühl wie vorhin. Ich hatte vor dem Schlaf den Wärmestrahler eingeschaltet und eine dicke Wolldecke aus dem Schrank geholt. Hinter dem Fenster hingen immer noch große Tropfen am Balkongeländer und die Bäume am Abhang hinter dem Hotel versanken nach wie vor im Nebel. Es hatte sich nicht viel verändert.

»Wie spät ist es?«, fragte ich Geli, die inzwischen aus dem Foyer zurückgekehrt war und ebenfalls auf ihrem Bett unter einer Decke lag und in einem Buch las. »Ist es dir an der Rezeption zu ungemütlich geworden?«

»Es ist nass und kalt!«, beschrieb sie sehr treffend das aktuelle Wetter. »Halb fünf, glaube ich. Ich habe keine Uhr, das weißt du doch!«

Ich zog meinen Arm unter der Decke heraus und sah auf die Uhr. Geli irrte sich nur um eine Viertelstunde. Ich stand auf. Der Wärmestrahler lief auf höchster Leistungsstufe und machte es einem etwas erträglicher. Der Rest des Nachmittags versprach musikalisch zu werden, denn ich nahm mangels einer besseren Beschäftigung wieder meine Gitarre in die Hand und wiederholte die Fuge in a-moll, nachdem ich meinen Kaffee getrunken hatte. Es klang schon ganz passabel, das, was ich da spielte, aber an einigen Stellen vergaß ich hin und wieder einzelne Noten und musste die Notenblätter erneut auf dem Bett ausbreiten. Ich nahm mir anschließend auch die Giga aus der Partita II für Violine vor, ich hatte mich damit in letzter Zeit viel öfter beschäftigt und das Spiel hörte sich viel sicherer und fließender an. Doch zum Ende des Stücks stellte ich fest, dass sich auch hier schon die eine oder die andere Lücke im Gedächtnis gebildet hatte. Ich saß da wie ein Ochse und wusste nicht, mit welchem Ton es nun weiterging.

»Weißt du, was?«, wandte ich mich ein bisschen enttäuscht von der Tatsache an Angelina. »Ich würde mir jetzt gerne einen kleinen Whisky gönnen. Aber nur, um mich gegen die Kälte der Nacht zu wappnen!«, zitierte ich scherzhaft den Spruch aus einem Film, dessen Titel mir nicht mehr geläufig war.

»Appetitanregung?«, hielt sie mit einer Frage dagegen.

»Nein, ich habe doch gesagt: Gegen die Kälte der Nacht! Schau, es ist schon fast dunkel!« Ich zeigte zum Fenster hinaus, wo sich schon die ersten Zeichen der Abenddämmerung erkennbar machten.

Geli schwieg sich aus.

»Der Whisky zur gesunden Nahrungsaufnahme folgt direkt danach! Wir haben ja schon sechs Uhr. Der Zaubertrank muss ja noch seine Wirkung entfalten!«

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Das Geheimnis des vernebelten Passes von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Ein Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 11.997
Online Seiten: 145
PDF Downloads: 54
PDF Seiten: 340
EPUB Downloads: 41
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 665482
Druckwörter: 122463
Buchseiten: 504
Erschienen: January 2021

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