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Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 79
Der Ort schien irgendein Knotenpunkt im Busverkehrsnetz der Insel zu sein, zumindest war es die Endstation für den Bus, der täglich am Hotel in nördlicher Richtung vorbeifuhr. Es war mir jedoch bis heute nicht gelungen, in den unendlichen Weiten des ganzen Internets eine Information darüber zu bekommen, ob es dort einen Anschluss nach Santana gab. Die Insel war in einige Bereiche eingeteilt, die von verschiedenen Verkehrsgesellschaften bedient wurden. Man fühlte sich verloren und mit dem Problem allein gelassen, wenn man unglücklicherweise überregionale Reiseziele ins Auge fasste. Eine zentral gesteuerte Koordination der Busverbindungen zwischen den Gesellschaften gab es offenkundig nicht. Oder ich war zu dumm, um das System zu verstehen. Da wäre ein Fahrplan vor Ort eine sichere Informationsquelle gewesen, vorausgesetzt, es gab dort einen Fahrplan! »Wann wollen wir denn überhaupt die Wanderung machen? So viel Zeit bleibt uns ja nicht mehr«, machte sich Geli berechtigte Sorgen, denn am kommenden Dienstag war unser letzter Tag, am Mittwoch gings schon wieder zum Flughafen. »Es liegt jetzt nicht an mir, sondern am Wetter.« Wir verschoben den großen Wandertag schon seit Dienstag immer weiter nach hinten. Erst zum Wochenende sollte sich das Wetter wieder auf »sonnig« umstellen, das versprach die Wettervorschau für Madeira im Computer. Es wurde also knapp. Falls sich die Prognose nicht bewahrheitete, konnte man den Aufstieg zum Pico Ruivo knicken, denn man brauchte noch einen Tag davor für die Vorbereitung, um beispielsweise Proviant zu besorgen, und einen Ruhetag danach, um zu sich zu kommen, ehe man die Heimreise antrat. Ich wäre nicht ums Verrecken mehr mit zwei Eiern und einer Gurke in die Berge gezogen und ich hätte auch für kein Geld in der Welt am nächsten Morgen die schweren Koffer zum Flughafen geschleppt und über eine Handgepäckschlaufe für die Gitarre verhandelt. »Wir haben doch gestern nicht den ganzen Wein getrunken. Eine Flasche ist ja noch geblieben. Wo ist sie denn?«, wechselte ich das Thema, denn das Wetter wurde davon nicht besser, wenn man sich dauernd darüber beschwerte. »Sie steht an deinem Bett neben dem Nachttisch. Willst du jetzt schon wieder Madeira trinken? Ist es noch nicht zu früh?« »Wieso zu früh?«, entgegnete ich und sah nach dem Wein. »Wir haben gleich zwölf Uhr, man kann schon mal den Appetit anregen! Was essen wir denn heute eigentlich?«
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»Ich kenne deine Appetitanregungen!«, leistete meine Frau immer noch Widerstand gegen mein Vorhaben. »Gehen wir in die Snackbar vorne an der Straße?«, fragte ich und machte den Wein auf. »Für mich auch!«, meldete sich Geli unverzüglich, als sie merkte, dass ich nur ein Glas vollmachte. »Wo willst du denn sonst essen? Zum Pass laufen? Können wir machen!« Ja, wo sollten wir denn sonst noch zu Mittag essen, wenn nicht in dem kleinen Restaurant? Es befand sich in demselben Flügel des Hotels, wo auch das normale Restaurant untergebracht war. Es war im Großen und Ganzen seine Fortsetzung, die aber durch eine Wand mit einem Dienstdurchgang davon abgetrennt war und einen separaten Eingang am Kopfende des Gebäudes hatte. Die Tür ging zur Passstraße hinaus, damit vorbeifahrende Touristen ohne Umstände ihre Autos auf dem Parkplatz davor abstellen und hineingehen konnten oder die vor dem Eingang festmontierten Holztische benutzten. Das war der eigentliche Zweck der Einrichtung, die ich eher eine Imbissstube als ein Restaurant genannt hätte. Da passten gerade mal drei kleinere Tische hinein, es gab eine Bartheke mit einer Weinauswahl und einen Kühlschrank mit Getränken zur Selbstbedienung. Das Lokal blieb die meiste Zeit leer und die Tische auf dem Vorplatz zeigten schon beleidigt die ersten Risse im Holz, frustriert durch ihre Nutzlosigkeit. Nur ab und zu hielt ein Wagen an und jemand ging eilig zur Tür hinüber, um das eine oder das andere Getränk zum Mitnehmen zu kaufen. Schon vor einer Woche hatten wir während der Ruhepause nach der Horrorwanderung eine Gelegenheit gehabt, uns mit dem Angebot der Speisekarte der Snackbar vertraut zu machen. Es war erwartungsgemäß nicht besonders umfangreich: Zwei Sorten Suppe, drei verschiedene Salate, vier Fleischgerichte und ein Frühstücksmenü standen zur Auswahl. Es gab keinen Fisch, außer dass eine der beiden Suppen eine Fischsuppe war. Das Essen schmeckte dennoch gut, schließlich stammte es aus derselben Küche wie auch die Gerichte beim Abendessen. Ich bat Geli, die Speicherkarte aus dem Fotoapparat mit ins Restaurant zu nehmen und packte selbst meinen Laptop in die Computertasche ein. Sie sah mich fragend an. »Mit der Karte allein kannst du aber keine Fotos machen! Das weißt du doch, oder?« »Jaja! Keine Sorge.« Sie nahm trotzdem die ganze Kamera mit, ehe wir das Zimmer verließen, um den vom Madeirawein angeregten Hunger mit Nahrung zu versorgen. »Was willst du mit dem Computer machen?«, fragte sie verwundert, nachdem wir an einem der Tische der Snackbar Platz genommen hatten.
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KurzinhaltEin Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.Über den Autor
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