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Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 7
»Good morning, Sir. What can I do for you?«, fragte er in seinem »Portugenglisch«, was ich denn wünschte. »We would like to check in now please«, verriet ich ihm meine Absicht einzuchecken. Er schaute mich mit einer leichten Note der Verwunderung an, als ob es ihm zuvor noch nie untergekommen war, dass Gäste an seiner Rezeption eincheckten. Nach kurzer Überlegung meinte er: »You can check in after two o'clock!« Er zeigte respektvoll auf eine verschlossene Tür, die mit einem Schildchen »Manager« versehen war. Ich versuchte die Information zu verarbeiten: Ab zwei Uhr im Büro des Managers. »You can leave your baggage here and wait«, machte er ein großzügiges Angebot, das Gepäck an der Rezeption abstellen zu dürfen, nachdem er gesehen hatte, wie Geli sich mit Taschen und Koffern auf der Treppe abmühte. Ich hatte den Eindruck, hier lief etwas falsch. Es war keine Seltenheit, dass man erst ab zwei Uhr ein Zimmer beziehen durfte. Aber warum um Gottes willen mussten wir zum Einchecken in das Büro des Hoteldirektors? Um Missverständnissen vorzubeugen, kramte ich aus der Koffertasche unsere Reiseunterlagen heraus, die in einer Klarsichtfolie im wilden Durcheinander lagen. Zwischen all den Zug-zum-Flug-Tickets und Reisebestätigungen musste irgendwo auch ein Blatt mit der Überschrift »Hotel Voucher« sein, daran konnte ich mich noch genau erinnern. »We booked our room five months ago, Sir. Can you check our booking please!«, bekräftigte ich unsere Absichten, indem ich auf unsere frühzeitige Buchung vor fünf Monaten verwies, und reichte ihm den Gutschein, den ich glücklicherweise gefunden hatte. Leicht überrascht hob der Mann am Empfang wieder den Blick von seinen Papieren und nahm die bedruckte Seite misstrauisch in Augenschein. »What's this?«, fragte er, was es denn war, und versuchte den Inhalt zu entziffern, der teilweise in Deutsch verfasst war. »Voucher …«, las er das ihm bekannte Wort vor. »Okay, I will check it!«, erklärte er sich freundlicherweise bereit, die Buchung zu checken. Er begab sich zum Computer und fing damit an, irgendwelche Zeichen über die Tastatur einzugeben, während ich zur Treppe zurückkehrte, um meiner Frau mit dem restlichen Gepäck zu helfen. Ich stellte fest, dass sie schon ganz fleißig gewesen war und sogar den schweren großen Koffer bis zur Mitte der Treppe nach oben gezogen hatte. Ich übernahm und ließ mir nicht die Gelegenheit entgehen, schwere Kritik an dem Konzept der Kofferbefüllung von meiner Frau zu üben. »Mensch, was hast du da überhaupt reingelegt?«, äußerte ich meinen Unmut, nachdem ich die ersten zwei Stufen mit dem Koffer in der Hand erklommen hatte. »Liegen da Steine drin?« Die Retourkutsche ließ nicht lange auf sich warten: »Was, was, was …! Was denn sonst? Dein Kaffee, Zucker, Milch, Wasserkocher! Das wolltest du doch alles haben oder nicht?« Das stimmte und ich beschloss, es dabei zu belassen, obwohl mich immer noch ein stiller Verdacht wurmte, dass noch etwas außer den erwähnten Gegenständen schwer ins Gewicht fiel.
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Der Mann hinter der Theke strahlte vor Freude, nachdem wir mit dem großen Rest des Gepäcks die Rezeption erreicht hatten. Zweifellos war der Buchungscheck erfolgreich verlaufen und wir durften nun seine madeirensische Gastfreundlichkeit in vollen Zügen genießen! Meinem Blick entging nicht, dass auf dem Tresen auch ein Zimmerschlüssel bereitlag, den der aufmerksame Rezeptionist für uns aus dem Schlüsselschrank hinter ihm schon herausgeholt hatte. Es schien alles in bester Ordnung zu sein, ich hörte auf, mir darüber Sorgen zu machen, ob wir heute Nacht ein Dach über dem Kopf bekamen, und der Portugiese nahm uns gleich die letzten Zweifel. »I am sorry. You don't need to wait. Your room is ready. You can occupy it right now!« Nunmehr durften wir das Zimmer unverzüglich beziehen. »We could wait till two o'clock, no problem …«, meinte ich unvorsichtig, dass wir auch bis zwei Uhr hätten warten können, und brach dann mitten im Satz ab, nachdem ich mich an ein gutes Sprichwort erinnert hatte, dass man schlafende Hunde nie wecken sollte! »No, no! No, no! You can get your room now. Can you give me your passports?«, bat uns der Rezeptionist, ihm unsere Pässe zu geben, um Kopien davon zu machen. Ich hielt dem Mann unsere Ausweise über die Theke zum Kopieren hin, damit er seiner Meldepflicht an die örtlichen Behörden nachkommen konnte, und wir tuckerten bald darauf mit den Koffern über die Fliesenfugen, den Zimmerschlüssel in der Hand, unserem neuen Domizil entgegen. Vorbei an einer wandgroßen Glasvitrine neben einem offenen Kamin, gefüllt mit verschiedensten Flaschen, die alle die Aufschrift »Madeira« trugen. Es waren offensichtlich keine Ausstellungsstücke, denn neben den Weinflaschen fand man auch Preisschilder, wo zumeist zweistellige Zahlen standen. Es konnte ja lustig werden, dachte ich, während wir an einer Wendeltreppe weitergingen, die zu den Zimmern im Obergeschoss führte, und sah schräg gegenüber einen ganzen Berg von Koffern und Reisetaschen, die in einer Ecke neben einem Diensteingang verstaut waren. Ob das die Sachen von Leuten waren, die auf ihren Transferbus zum Flughafen warteten? Es sah nicht danach aus, denn das Hotel schien ziemlich leer zu sein und diese Koffer mussten mindestens zwanzig Gästen gehören. Ich wollte mir nicht den Kopf darüber zerbrechen. Des Rätsels Lösung hätte sich schon von alleine gefunden, beschloss ich. Wir waren hundemüde. Glücklicherweise befand sich unser Doppelzimmer auf derselben Ebene mit der Rezeption, sodass wir uns nicht mehr im Gewichtheben üben mussten. In einem langen, halbdunklen Gang sahen wir sofort das Zimmer mit der Nummer eins. Unser Schlüsselanhänger hatte die Nummer acht – also irgendwo an Ende des Flurs. Letzte Anstrengung, letzter Meter, letzte Tür. Wir waren da!
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KurzinhaltEin Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.Über den Autor
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