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Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 6
»Das müssen Sie unbedingt auf Ihre Gitarre anbringen. Es ist ein Gepäckstück, das die zulässigen Abmessung für das Handgepäck übersteigt!«, schoss das Mädchen wie aus einem Maschinengewehr mit Vorschriften um sich. »Geben Sie mir Ihre Gitarre, ich werde es richtig anbringen.« Ich war mit allem einverstanden und wollte nur, dass es bald aufhörte und ich die Frau nie wiedersah. »Geben Sie Ihre Bordkarten!«, ließ sie nicht locker und wollte anschließend noch die Ausweise sehen. Endlich piepste der Scanner bestätigend beim Lesen der Bordkarten und wir waren durch! »Phuuu…«, konnte ich letzten Endes erleichtert aufatmen. Eigentlich hätten wir uns bei der guten Frau noch bedanken sollen, dass sie uns die Wartezeit in der Schlange erspart hatte. Ich fragte mich: Hatte sie nun tatsächlich die ganze Zeit an nichts anderes gedacht als an die Papierschlaufe für den Gitarrenkoffer, die sie beim Einchecken vergessen hatte? Ob die Aktion mit meiner Gitarre die heranwachsende Fachfrau so verwirrt hatte, dass sie danach nicht mehr imstande war, zwischen Funchal und Palma de Mallorca zu unterscheiden, konnte nicht mehr geklärt werden. Es war vorbei und es war auch gut so! Ich hatte mich längst beruhigt und beobachtete schon eine ganze Weile aus dem Fenster des Flugzeugs, wie das Lehrmädchen in hochhackigen Schuhen den verlorenen Mallorcaurlaubern hinterherjagte, die auf dem Rollfeld umherwandelten, als plötzlich eine Flugbegleiterin mit suchendem Blick auf uns zukam. Sie fragte mich freundlich: »Ist es Ihr Gepäckabschnitt?« Ich sah mir den Aufkleber an. Es stand mein Name darauf. Auf der Bordkarte waren aber schon zwei Aufkleber vorhanden, die zu unseren Koffern gehörten! Ich ahnte schon, was es war. Natürlich. Was denn sonst? Es war der Abschnitt vom Gitarrenkoffer. Warum der Koffer noch einen Abschnitt haben musste, wo er sich doch oben im Ablagefach befand, und wo die Flugbegleiterin ihn plötzlich herhatte, wollte ich nicht mehr wissen. »Boarding completed«, informierte eine Stimme aus den krächzenden Lautsprechern des Bordfunks die Anwesenden über den aktuellen Stand der Dinge, nachdem die verantwortliche Stewardess die Außentür verriegelt hatte. Es war eine Durchsage für das Flugpersonal und den Piloten, die nur eins bedeutete: Wir konnten starten.
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»Wenn du deine Gitarre bei dir hast, bist du weniger unzufrieden, wenn dir im Urlaub irgendwas nicht gefällt.« Angelina unterbrach meinen Gedankenlauf und ich fand mich auf dem Hotelparkplatz wieder, hoch oben in der Berglandschaft Madeiras. »Früher hast du aber immer die Gitarre mitgehabt und keiner hat sich aufgeregt!« »Ja, früher … Früher bekam man während des Fluges auch dreimal Getränke angeboten: Kaffee, Tee, Wasser! Gehörte zum Standardservice. Heute halten sie schon wegen Leitungswasser direkt die Hand auf …! Meine Gitarre …? Meine Gitarre habe ich diesmal zum letzten Mal in den Urlaub mitgenommen. Du hast mich überredet! Ich wollte sie auch gar nicht mitnehmen, so was habe ich schon vermutet.« »Ooooh!«, gab meine Frau spöttisch einen lang gezogenen fallenden Ton von sich. »… Ihre Gitarre! … Ihre Gitarre!« Wir hatten zu Ende geraucht und machten unsere Stummel aus. Es wurde Zeit, das Hotel von innen zu besichtigen und die portugiesisch-madeirensische Gastfreundschaft kennenzulernen. Wir brachten unser Gepäck in den Vorraum hinter der Eingangstür und fanden uns vor einer zweiläufigen Treppe wieder. Mein Optimismus ging beim Anblick der Stufen leicht zur Neige. »Das fehlte noch! Ich gehe dann mit einem schweren Koffer schon mal nach oben zur Rezeption und du kannst vielleicht die leichteren Sachen nach und nach die Treppe hochtragen. Dann komme ich zurück und nehme noch den zweiten großen. Okay?« Wir setzten uns in Bewegung, einer mit einem großen Koffer, der wirklich verdammt schwer war, und die andere mit ein paar Stofftaschen, die seit unserer Umpackaktion im Flughafen zu unserem Reisegepäck gehörten. Das Foyer war sehr geräumig. Rechts befand sich in einiger Entfernung die Empfangstheke und links ging es zum Aufenthaltsbereich, der mit mehreren Sitzgruppen ausgestattet war. Die größeren hatten zwei Dreisitzsofas, zwei Sessel und einen Couchtisch in der Mitte, die kleineren nur vier Sessel und einen kleinen Tisch. Außer dem Rezeptionisten war kein Mensch in der Empfangshalle, nur irgendwo in der hinteren Ecke huschte eine Putzfrau mit ihrem Wagen vorbei und verschwand in einem seitlichen Gang. Ich rollte meinen Koffer, der auf dem hellbraun gefliesten Boden einen furchtbaren Lärm verursachte, auf die Rezeption zu. »Hallo, sprechen Sie Deutsch?«, begrüßte ich den Madeirenser hinter der Theke, einen stämmigen, untersetzten Mann in den Vierzigern, der mit seinen Papieren beschäftigt war und etwas mürrisch dreinblickte. Er sah mich fragend an und gab mir zu verstehen, dass er kein Wort verstanden hatte. »Hi! Do you speak English?« Ich wechselte zu Englisch und fragte ihn, ob er dieser Sprache mächtig war. Das hätte jeder Angestellte in einem international agierenden Hotel sprechen müssen.
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KurzinhaltEin Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.Über den Autor
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