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Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 55

Russland als das größte Nachfolgeland war da nicht anders, nur dass dort bei der Führung, die schon seit einem Jahrzehnt aus Vertretern des sowjetischen Geheimdienstes bestand, noch Ambitionen des großrussischen Reiches erhalten geblieben waren, alle benachbarten Völker auf die eine oder die andere Art und Weise zu unterdrücken und abhängig zu machen. Ukraine war eines der wenigen Länder, wo diese Strategie nicht aufging. Der größte Teil der Gesellschaft weigerte sich beständig, in die Archaik des despotischen Zarenreiches zurückzukehren, um noch das kleine bisschen Freiheit zu verlieren, die er sich in vernichtenden Schlachten gegen die alte Sowjetordnung und den imperialen Schwachsinn erkämpft hatte, der das Bewusstsein der Menschen noch bis heute vergiftete. Doch der östliche Teil des Landes, wo überwiegend russischsprachige Bevölkerungsgruppen lebten, wollte den Weg der demokratischen Veränderungen nicht beschreiten. Unter einem massiven Einfluss der russischen Staatspropaganda im Fernsehen, die den Zuschauern rund um die Uhr den Kopf verdrehte, träumten sie von »guten alten Zeiten« des Sozialismus und sprachen sich für eine Wiedervereinigung mit Russland und die Wiederherstellung der Sowjetunion aus. Es konnte nicht lange gut gehen und es kam so, wie es kommen musste. Als der Präsident des Landes, der im Großen und Ganzen nichts anderes als eine Marionette der russischen Regierung war, versucht hatte, den Protest gegen seine Politik der Durchsetzung von russischen Interessen gewaltsam niederzuschlagen, kam es zu einer Welle von blutigen Auseinandersetzungen – das Land war zweigeteilt. Der Amtsinhaber musste fliehen, nach Russland selbstverständlich! Der russische Rachezug gegen die abtrünnige Provinz – so betrachteten die Geheimdienstler das unabhängige Land – ließ nicht lange auf sich warten. Begleitet vom Jubel des jauchzenden Pöbels wurde zunächst mit militärischer Gewalt die Halbinsel Krim unter Verletzung aller internationalen Abkommen annektiert, im zweiten Schritt wurden die Ostgebiete mit »freiwilligen Bürgerwehren«, russischen Söldnern, Verbrechern und paramilitärischen Einheiten überschwemmt, um den Separatisten das Ausrufen ihrer eigenen »Volksrepublik« zu ermöglichen. Eine Unmenge an Waffen – Maschinengewehre, Kanonen, Panzer – tauchte plötzlich auf in der Region und es wurde scharf geschossen, in beide Richtungen. Dabei wurde von der russischen Seite stets geleugnet, mit den Kriegshandlungen etwas zu tun zu haben.

Mein Gott! Wie bekannt mir doch der ganze Zirkus vorkam … Allein zu meinen Lebzeiten war ich schon Zeuge der Invasion in Afghanistan geworden, die als internationale, brüderliche Hilfe getarnt gewesen war, ich hatte den Abschuss eines südkoreanischen »Spionageflugzeugs« erlebt, das sich später als ein normales Linienflugzeug der Korean Airlines mit zweihundertneunundsechzig Passagieren an Bord entpuppt hatte, schließlich hatte ich eine Woche lang nichts davon erfahren dürfen, dass in Tschernobyl ein Atomreaktor hochgegangen war. Wozu denn auch? Es war ja nur ein »kleiner Zwischenfall«, nach welchem zur Beseitigung der Folgen bald überall Hilfskräfte für großes Geld rekrutiert wurden, die in Kürze mit kahlen Stellen im Haar zurückkamen. Wie lange sie sich noch über das schnell verdiente Geld freuen konnten, blieb unbekannt, es war ein Staatsgeheimnis.

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Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Roman von Nikolaus Warkentin
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Gab es denn Grenzen für diese verlogene Kaste der Geheimdienstler, egal in welchem Land? Existierten Mittel gegen Regierungen, die insgeheim kriminelle Machenschaften in den Rang der Staatspolitik erhoben und ihr eigenes Volk offen belogen, ohne mit der Wimper zu zucken? Offenbar nicht, denn auch jetzt, nachdem durch die Explosion einer Luftabwehrrakete über der Steppe von Donbass dreihundert Menschen vom Himmel herabgeregnet waren, die nicht einmal annähernd etwas mit der Ukraine zu tun gehabt hatten, wollte im Kreml keiner etwas von russischer Beteiligung wissen. Nur der große und schreckliche Oberstratege der russischen Geopolitik, hatte sich auf einmal als Erster mitten in der Nacht mit einer Beileidsbekundung gemeldet. Hatte man ihn eigentlich deswegen geweckt oder schlief er seelenruhig weiter, nachdem er schon am Vorabend das Pressrelease vorbereitet hatte, weil ihm bereits zu dem Zeitpunkt alles bekannt gewesen war? Alles war genauso wie in alten Zeiten. Man nannte es heute hybride Kriegsführung!

Dennoch war etwas anders. Etwas, was mich bis ins Mark erschütterte und sehr, sehr nachdenklich stimmte. Während das riesige Land unaufhaltsam im Sumpf einer Diktatur versank, unterstützte das Volk jubelnd jeden einzelnen Schritt ihres kleinen Despoten mitsamt seiner kriminellen Geheimdienstvereinigung, die durch einen verhängnisvollen Zufall an die Macht gekommen war, vielleicht auch keinen Zufall, sondern eine von langer Hand geplante Geheimoperation. Es hätte mich auch nicht weiter gewundert – in jeder Diktatur vergötterten die Untertanen ihren Blutsauger –, wenn da bloß nicht das Persönliche gewesen wäre.

Wir hatten noch Verwandte in der Ukraine, sie gehörten zu den russischsprachigen Ukrainern. Alle zwei, drei Jahre besuchten wir sie, ab und zu waren auch sie bei uns zu Gast. Den Wandel der Gemüter hätte man an ihrem Beispiel genau beobachten können, ich hatte aber seinerzeit deutliche Zeichen und Hinweise darauf übersehen, dass anständige Menschen zu einer pöbelnden Masse mutierten. Während ich bei der Schwiegermutter schon vor vielen Jahren eine etwas unangenehme Eigenschaft entdeckt hatte, dass sie sich durchaus aufregen konnte, wenn sie jemand in einem fernen Land nicht auf Russisch ansprach, traf mich der Sinneswandel meines Schwiegervaters wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Aus einem unerfindlichen Grund nahm er nun vollen Ernstes an, dass ausgerechnet die Mentalität, des niedrigsten Pöbels das Maß aller Dinge war und alle hatten sich bitte schön danach zu richten. Die ganze Welt sollte sich an einen Haufen gehirnkranker Menschen anpassen, deren Köpfe mit einer bunten Salatmischung gefüllt waren, die aus archaischen Vorstellungen über den Weltaufbau, kommunistischen Ideen und christlich orthodoxen Kirchendogmen bestand. Weigerte man sich, diesem Schwachsinn zu folgen, riskierte man der »Russophobie«, wie sie es nannten, beschuldigt zu werden und, es fehlte nicht viel, als Ketzer auf dem Scheiterhaufen zu enden. Mit Schaum vor dem Mund erklärte er mir aufgeregt am Telefon etwas von der Größe des russischen Reiches und vor allem, dass es ein Verbrechen war, auf der Straße seine Menschenwürde zu verteidigen, wenn der Protest gegen den Willen Russlands stattfand. Ja, sie waren beide aktive Zuschauer des russischen Fernsehens, wo seit zehn Jahren die Idee einer großen Revanche für den Zerfall der Sowjetunion verbreitet und Hass gegen alles Fremdartiges, nicht Russisches, geschürt wurde – getarnt als Patriotismus!

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Das Geheimnis des vernebelten Passes von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Ein Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 11.995
Online Seiten: 145
PDF Downloads: 54
PDF Seiten: 340
EPUB Downloads: 41
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 665482
Druckwörter: 122463
Buchseiten: 504
Erschienen: January 2021

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