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Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 5

Ihr Kinn schnellte nach unten und der Mund öffnete sich vor Staunen, ihr Gesicht erstarrte zu einer Maske der Ratlosigkeit. "Na, was sagst du jetzt?", dachte ich im Stillen mit einem Hauch von Schadenfreude und empfand im gleichen Augenblick eine tiefe Scham für meine Herzlosigkeit. Es war nur ein Mädchen in der Ausbildung. Sie versuchte nur so gut es ging, das zu tun, was ihr aufgetragen worden war. Welche Verantwortung konnte sie letztendlich dafür tragen, dass die Fluggesellschaften eine Serviceleistung nach der anderen um die Wette strichen, damit sie mit ihren Niedrigpreisen so tief gehen konnten, dass die Passagiere bald schon Geld dafür bekamen, wenn sie einen Flug buchten? Keine. Ebenso wenig konnte sie etwas dafür, dass auch angesehene Fluganbieter, das Personal anwiesen, von den Passagieren die genauste Einhaltung ihrer Bedingungen zu verlangen.

Paradoxerweise fanden sich immer noch mehr als genug Liebhaber der Billigflüge, obwohl mittlerweile wahrscheinlich fast jeder die Erfahrung gemacht haben durfte, dass die Low-Coster-Preise gar nicht so low waren, wenn man am Ende alles zusammenaddierte. Sie nannten es Geschäftsmodell, ich nannte es Bauernfängerei! Oder wie sollte man den Schwindel sonst nennen, wenn Passagiere mit Flugtickets angelockt wurden, die fast umsonst waren, und der eigentliche Flugpreis erst im Nachhinein, wenn es nach der Buchung kein Zurück mehr gab, durch Gepäck, Sonderleistungen und "zusätzlichen Service" zustande kam? Wer schon mal Strafgebühren für den Flughafen-Check-In oder ein Kilo Übergewicht bezahlen musste, war über die "Niedrigpreise" bestens informiert. Wo lag eigentlich die Grenze, an der die Leute gesagt hätten "Sie können den Flug auch umsonst anbieten, ich fliege aber nicht mit"? Mit der Einführung der ersten gebührenpflichtigen Bordtoilette? Vielleicht. Vielleicht auch nicht.

Solch tiefgreifende Überlegungen beschäftigten das Fräulein aktuell sicherlich weniger, ihre volle Aufmerksamkeit galt eher der Frage, wie sie in dieser Situation reagieren sollte. Doch eine Ahnung davon, wie man dieses kleine lokale Problem löste, hatte sie auch nicht, denn sie stammelte nur eine Ansammlung von wenig zusammenhängenden Wörtern in unsere Richtung.

»… Ihre Gitarre … Handgepäck … Maße … verstauen …«, sagte sie und suchte mit einem verzweifelten Blick nach Hilfe bei ihrer Kollegin.

»Schauen Sie …«, fuhr ich fort, »ich würde jetzt ungern das Instrument als Gepäck aufgeben. Es kann leicht von den schweren Koffern eingedrückt werden. Dafür bedeutet mir die Gitarre aber zu viel. Sie wiegt vielleicht nur zwei Kilo und passt wunderbar in das Ablagefach über dem Sitz. Das hat schon immer funktioniert und es gab noch nie Probleme!«

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Die Kollegin sah hinter ihrem Monitor heraus und schaute sich den Gitarrenkoffer auch an. Sie bat mich, ihn auf die Waage zu legen, sah auf die Anzeige und erklärte der Auszubildenden etwas, was ich nicht hören konnte. Was auch immer es gewesen war, es hatte Wunder gewirkt: Die junge Dame war wie ausgewechselt. Sie erlaubte uns großzügig, die Gitarre mit an Bord zu nehmen, und lächelte sogar dabei! Etwas chaotisch und sehr zögerlich drückte sie uns die Bordkarten mit den aufgeklebten Abschnitten für das abgefertigte Gepäck in die Hand und wünschte uns einen guten Flug! Ihre Vorgesetzte war gerade abgelenkt, sie sprach mit jemandem am Telefon, und bekam nichts von den letzten Aktivitäten der Auszubildenden mit.

Eine halbe Stunde später begaben wir uns zu den Flugsteigen, nachdem wir erfolgreich und ohne besondere Vorkommnisse die Sicherheitskontrolle passiert hatten. Auf dem Notebook waren keine Sprengstoffspuren entdeckt worden und das öffentliche Herunterlassen der Hose war mir auch erspart geblieben! Ich war ganz gut gelaunt, zuvor hatte ich mit dem Laptop das Klickgeschehen auf meiner Webseite gecheckt, das Geschäft lief blendend, sodass ich mich bis zur Ankunft auf Madeira entspannen konnte. Außerdem war meine Gitarre bei mir und nicht im Bauch des Flugzeugs.

In der großen Wartehalle hatte sich vor einem Flugsteig bereits eine Schlange gebildet und wir gingen ein Stückchen nach vorn zum Tresen, vorbei an Urlaubern, die alle ausnahmslos Wanderschuhe anhatten, um nachzusehen, ob an der Infotafel unsere Flugnummer stand. Ja, wir waren hier richtig, stellte ich fest, als ich über dem Schalter den Zielflughafen Funchal eingeblendet sah! Eine zusätzliche Bestätigung bekam ich, nachdem ich mir die Frau am Schalter genauer angesehen hatte. Natürlich, es war unsere alte Bekannte, die jetzt hier ihren Dienst nach Vorschrift verrichtete! Wir drehten uns um und wollten gerade zurück zum Ende der Schlange gehen, als ein schriller hysterischer Schrei im hohen Frequenzbereich die Wartehalle erfüllte.

»Ihre Gitarre! Sie müssen … Bitte kommen Sie hierher mit Ihrer Gitarre!«, kreischte das Lehrmädchen uns hinterher.

Es wurde ohrenbetäubend still. Wie auf ein Kommando hin drehten sich alle Köpfe in unsere Richtung, da ich weit und breit der einzige Mann mit einem Gitarrenkoffer war. Um uns herum bildete sich ein menschenleerer Raum und alle starrten uns an! Gesenkten Hauptes und den fragenden Blicken ausweichend, ob wir wohl Terroristen gewesen wären, bewegten wir uns möglichst unauffällig entlang der Schlange unserem Schicksal entgegen! Auf dem Tresen lag die weiße Gepäckschlaufe, die für den Gitarrenkoffer bestimmt war.

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Das Geheimnis des vernebelten Passes von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Ein Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 7.009
Online Seiten: 145
PDF Downloads: 54
PDF Seiten: 340
EPUB Downloads: 41
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 665482
Druckwörter: 122463
Buchseiten: 504
Erschienen: January 2021

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