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Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 46

Als Beweis dafür tauchte schon bald ein einsames Haltestellenschild am Straßenrand auf, unter dem ein Mann mit ausgestrecktem Arm stand und eindeutig auf den Bus wartete, denn weit und breit war kein Mensch in Sicht auf dieser in der Wildnis verlorenen Straße und dieser Bus, nach dem Fahrplan im Hotel zu urteilen, war der einzige für die nächsten fünf Stunden. Was hätte der Insulaner sonst noch unter dem Paragemschild gewollt? Es war alles nicht so einfach! Noch stutziger machte mich die Tatsache, dass der Busfahrer und der Förster – so sah der übernächtigte Mann in seiner uniformierten Kleidung aus – sich kannten. Schon beim Einsteigen riefen sie einander Grüße zu und unterhielten sich rege wie alte Bekannte, nachdem der neue Fahrgast auf dem vordersten Sitz Platz genommen hatte. Auf der linken Seite hundert Meter die Straße hinunter stand ein Gebäude mit einem Auto davor und man durfte annehmen, dass der Förster von dort kam, zum Beispiel nach Dienstschluss, nachdem sein Kollege von der Frühschicht ihn abgelöst hatte. Es lag nahe, dass er möglicherweise jahrelang mehrmals in der Woche diesen Bus genommen hatte und jedem Fahrer wie ein bunter Hund bekannt war. Hätte der Busfahrer es fertiggebracht, einfach vorbeizufahren, wenn der Förster einmal nicht den Arm ausgestreckt hätte?

Je tiefer uns die Straße ins Tal brachte, desto mehr lichtete sich der Nebel. Nachdem der Bus auf die Tunnelautobahn aufgefahren war, ließen wir ihn endgültig hinter uns. Im Tal schien die Sonne. Eine gut ausgebaute, nur geringfügig abfallende Straße verlief in der Talsohle durch zahlreiche Dörfer, wo ziemlich intensiv Ackerbau betrieben wurde, das milde, feuchte Klima ließ hier viele Pflanzenarten gedeihen. Bananenplantagen wechselten sich mit Flächen ab, die mit Orangenbäumen bepflanzt waren, um dann Platz für Maisfelder zu machen. Die kleinen Orte gingen ineinander über, ohne dass man eine Ortsgrenze wahrnahm, nur Verkehrsschilder mit den Namen der Ortschaften erinnerten daran, dass manch eine Siedlung früher ein eigenständiges Dorf gewesen war. Heute gehörten sie wohl alle zum Großraum São Vicente, der das weitläufige Tal mit dem Flüsschen Ribeira de São Vicente in der Mitte ganz mit einschloss. Der geschichtliche Kern des kleinen Städtchens war eher sehr kompakt gebaut und verbarg sich hinter einem Felsen, der quer ins Tal hinausragte, um vom Meer aus unsichtbar zu bleiben. Die ersten Siedler hatten dafür sehr schwerwiegende Gründe gehabt! Die Lage des Ortes war perfekt gewählt worden, um Piraten nicht anzulocken. Welcher Räuber wäre schon vor einem menschenleeren Tal vor Anker gegangen?

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Der Brockenwicht

Der Brockenwicht

Novelle von Nikolaus Warkentin
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Wir mussten hier aussteigen. Irgendwo in dieser Stadt waren die Lavagrotten von São Vicente, das Ziel unseres Ausfluges. Es war Angelinas Idee gewesen, die unterirdischen Höhlen und Gänge zu besichtigen. Als sie Vorgestern davon im Reiseführer gelesen hatte, war unser Ausflugsprogramm für Samstag sofort fertig gewesen. Sehr beeindruckend präsentierten sich solche Lavakanäle auf der kanarischen Insel Lanzarote, wo wir schon vor Jahren die Ehre gehabt hatten, alle Wunder der Lavakunst von César Manrique kennenlernen zu dürfen. Er hatte die Überreste der einstigen Lavaströme seiner Heimatinsel in unterirdische Paläste von unvorstellbarer Schönheit verwandelt! Ob es auch ohne Manrique so aussah? Man konnte es sich anschauen, ich hatte nicht das Geringste gegen den Ausflug, zumal man dabei auch keinen Berg zu Fuß bezwingen musste. Beim Aussteigen fiel es mir siedend heiß ein, dass ich noch den Busfahrer fragen wollte, wo und wann der Bus zurück zum Pass abfuhr, damit die Sache mit dem Berg nicht plötzlich eine Kehrtwende bekommen hätte. Schon auf der Treppe drehte ich mich um und fragte ihn schnell danach.

»Excuse me, Sir. Where is the bus stop to go back to Encumeada?«

»It's over there!« Der Fahrer zeigte auf die andere Seite des Platzes, wo ich jetzt auch ein gläsernes Wartehäuschen sah, und setzte seine Unterhaltung mit dem Förster fort.

»Please can you say at what time does the bus leave?«, musste ich das interessante Gespräch wiederholt unterbrechen, um nach einer genaueren Zeitangabe zu fragen.

»At three o'clock and fifteen minutes I think«, gab mir der Mann endlich die Information, die bei fehlenden Fahrplänen hätte Gold wert sein können: Viertel nach drei.

Wir stiegen aus. Für den Bus war hier noch nicht die Endstation. Der Förster machte keine Anstalten zum Aussteigen, er musste zur Freude des Fahrers noch weiterfahren. Vielleicht bis nach Arco d. S. Jorge, dieser Schriftzug war vorne am Bus als Fahrtziel eingeblendet. Wo es lag, hatte ich keine Ahnung, aber außer dem Förster gab es noch zwei, drei Fahrgäste, die den Ort ebenfalls erreichen wollten. Der Fahrer schloss die Türen und der Bus fuhr weg, nachdem noch einige Gäste zugestiegen waren.

Ich ging direkt auf die Haltestelle zu, die angeblich eine zentrale Rolle bei unserer Rückfahrt spielen sollte, um mich zu überzeugen, dass es wirklich die Stelle war, wo wir um drei Uhr antanzen mussten, um den Pass von Encumeada nicht zu Fuß erklimmen zu müssen – davon hatte ich erst mal genug! Nach zwei Tagen war ich gerade mal so weit, dass ich ohne fremde Hilfe gehen konnte. Es war die richtige Haltestelle und es gab sogar einen Fahrplan, wo es schwarz auf weiß stand, dass um Viertel nach drei, ein Bus nach Funchal via Encumeadapass startete. Es war ein gutes Zeichen.

»Wo sind denn deine Grotten? Guck mal, ob irgendwo ein Schild ist«, forderte ich Geli auf, nach irgendwelchen Hinweisen Ausschau zu halten.

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Das Geheimnis des vernebelten Passes von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Ein Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 11.975
Online Seiten: 145
PDF Downloads: 54
PDF Seiten: 340
EPUB Downloads: 41
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 665482
Druckwörter: 122463
Buchseiten: 504
Erschienen: January 2021

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