Logo Leseecke
OPEN DIGITAL LITERATURE PROJECT
Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 40

Ich hatte jetzt schon einige Male deutlich die Stimmen hören können. Kein Zweifel, eine Frauen- und eine Männerstimme. Waren es wieder irgendwelche Spaziergänger? Nein, so weit weg und um diese Zeit?! Die Abenddämmerung setzte schon ein! Es musste natürlich nichts heißen, Spaziergänger hatte ich heute auch am Fuße des Pico Grande getroffen! Auf jeden Fall, sie konnten nicht mehr allzu weit sein, wir hätten sie gleich zu Gesicht bekommen.

Die Wanderung ging in ihre Schlussphase und der Weg in seine! Er wurde immer steiler. Ich konnte mich kaum noch bewegen, aber wir stoppten nicht wegen der fortgeschrittenen Stunde. Wir stampften einen schwerfälligen Schritt nach dem anderen in den Pfad und ich wünschte mir sehnlichst, dass der Schotterweg nicht mehr weit gewesen wäre. Es war von dort nur ein Katzensprung bis zur Passstraße und dann noch fünfzehn Minuten hinunter zum Hotel. Da man bereits im Mittelalter das Fußvolk beim Sturm einer Festung damit angefeuert hatte, dass es in der Stadt Wein und Weiber gab, überlegte ich schon, den Aufruf umzuformulieren und mich mit Wein und Weibern, die sich im Hotel befanden, zu motivieren. Mit Weibern hätte ich aktuell vielleicht nichts anfangen können, aber die angebrochene Flasche Madeirawein in unserem Zimmer hätte ich in einem Zug getrunken.

Wir kamen auf eine Lichtung und die Eigentümer der Stimmen im Wald standen vor uns! Es waren Spaziergänger der besonderen Art. Es war ein Liebespärchen, schätzungsweise knapp vierzig Jahre alt. Sie sahen sehr portugiesisch aus. Womit sie sich hier beschäftigten, war ein offenes Geheimnis und konnte nicht übersehen werden. Sobald wir um die Kurve gekommen waren, zog die Frau hastig ihren etwas hochgerutschten Rock nach unten und zupfte nervös an ihrer Bluse in der Höhe der Brust, als hätte ein bestimmtes Kleidungsstück darunter nicht richtig gesessen. Er kehrte uns den Rücken und fummelte mit den Händen diskret an seinem Hosenbund. Danach widmeten sich die beiden einem intensiven Studium der umliegenden Pflanzenwelt. Wir näherten uns und sie lächelten uns voller Verlegenheit entgegen. Wir grüßten zurück, dabei wurde die arme Frau ganz rot im Gesicht und wandte beschämt ihren Blick ab. Die ganze Geschichte war ihr äußerst peinlich. Ja, so erging es manchmal einem, wenn man Liebesspiele direkt auf dem Pfad veranstaltete.

»Vielleicht sind hier noch irgendwelche Pärchen in der Gegend? Wir sollten lauter sprechen, damit die Leute uns hören, wenn wir kommen!«, schlug meine Frau vor, nachdem wir uns etwas entfernt hatten, da sie anscheinend Mitleid mit der Armen hatte!

»Ich kann nicht mehr lauter! Ich kann nicht einmal normal sprechen! Mir schlagen schon in hohem Bogen die Funken aus den Augen vor Erschöpfung. Sollen sie doch machen, was sie wollen! Und sich dort befummeln, wo sie Lust haben. Was interessiert mich, was für eine Unterhose die Frau anhat und ob überhaupt! Lass und jetzt gehen, solange ich noch kann!«

(?)
Leseecke Schließen
Lesezeichen setzen
 
Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Roman von Nikolaus Warkentin
»Jetzt lesen

Es konnte also nicht mehr allzu weit sein, wenn sich Pärchen schon bis hierhin verirrten. Zu weit von der Passstraße wegen ihrem Vorhaben zu Fuß zu laufen, hätten sie vielleicht nicht in Kauf genommen. Ich konnte mir vorstellen, dass sie auf die Schotterstraße abgebogen und sie entlanggefahren waren, bevor sie ihr Auto irgendwo in der Nähe abstellten, als es nicht mehr weiter ging. Aber wer wusste es schon?

Der Pfad drehte nach rechts und der Wald lichtete sich. Man konnte den Wegverlauf weit sehen, er führte jetzt über den Hang unter dem Turmberg. Durch den lichten Wald konnte man in der Dämmerung auch das rote Dach des Hotels auf der anderen Seite erkennen. Vorne auf dem Hang schimmerte zwischen den Bäumen das riesige Rohr der Wasserleitung, die das Kraftwerk unten im Tal mit dem Wasser aus der Levada do Norte versorgte. Die Pipeline war mindestens einen Meter im Durchmesser. Ich hatte mich schon auf dem Hinweg gewundert, wie man so ein Rohr an einem steilen Hang verlegen konnte. Straßen gab es nicht. Wie trieben sie die Betonpfeiler in den Boden, auf denen das Wasserrohr ruhte? Wie montierten sie einzelne Rohrabschnitte? Die Konstruktion musste Aberhunderte von Tonnen wiegen. Wenn das Ganze ins Tal losgegangen wäre …? Der Weg führte unter der Leitung hindurch und auf einen länglichen Buckel zu, einen kleineren Felshügel von etwa einem Meter Höhe. Eine hölzerne Querungshilfe mit eckigen grob gezimmerten Stufen überbrückte die felsige Anhöhe. Heute Morgen war ich wie ein Steinbock über die Stufen nach oben und dann wieder nach unten gesprungen, jetzt schien das Hindernis zu einem Problem zu werden. Ich stand vor dem Treppchen und mir fehlte die Kraft, meinen Fuß auf die erste Stufe zu setzen. Geli drängte von hinten, ich traute mich endlich. Auf der zweiten Stufen rutschte mein Schuh ab und ich fiel mit voller Wucht mit dem Knie auf die scharfe Stufenkante. Vor Schmerz konnte ich kein Wort sagen und kein Licht sehen, vor meinen Augen wirbelten bunte Kreise. Ich wusste nicht, wie lange es dauerte, bis ich langsam und vorsichtig auf die andere Seite über die Brücke geklettert war. Der rettende Schotterweg war nicht weit. Dort, in fünfzig Metern Entfernung und zehn Metern Höhenunterschied, fing er an. Eine letzte Anstrengung war erforderlich. Humpelnd und fluchend über meine eigene Ungeschicklichkeit schleppte ich mich nach oben. Nur ein Meter trennte mich von der Schotterstraße, als ich über eine Wurzel stolperte und fast wieder zu Boden ging. Ich konnte das Gleichgewicht halten, aber die Anstrengung kostete mich so viel Kraft, dass ich gleich einen Schwächeanfall erlitt, nachdem ich auf die steinige Piste getorkelt war.

Ich stand auf dem Schotterweg, schwankte hin und her wie ein Volltrunkener und konnte mich nicht bewegen. Geli zog an mir vorbei und entfernte sich auf dem Weg, der Schotter raschelte unter ihren Füßen. Ich sammelte die Reste meines Willens und brüllte wie ein verwundetes Tier wild in die Gegend hinein.

»Aaaaaaaaaaaaaa!«

Ich konnte nicht mehr. Es wurde dunkel vor meinen Augen …

| Seite 40 von 145 |

Günstige Downloads für Ihr Gerät

Das Geheimnis des vernebelten Passes
PDF
Titel: Das Geheimnis des vernebelten Passes
PDF Dokument: Format A5, 340 Seiten, Dateigröße 2.461 KB, Ausgeführte Dowloads 54, PDF-Reader zum Lesen erforderlich! Auch zum Lesen im Ebook-Reader geeignet
6,99 € N/A
Das Geheimnis des vernebelten Passes
EPUB
Titel: Das Geheimnis des vernebelten Passes
E-Book im ePub-Format: Anzahl Seiten deviceabhängig, Dateigröße 1.033 KB, deviceübergreifend optimiert, Ausgeführte Dowloads 41, e-Book Reader zum Lesen erforderlich!
6,99 € »Epubli Verlag
Das Geheimnis des vernebelten Passes Titel: Das Geheimnis des vernebelten Passes
Jetzt eine Printausgabe bestellen! Sie werden gleich auf die Seite des Verlages weitergeleitet, wo Sie Ihr Exemplar bequem erwerben können.
15,99 € »Epubli Verlag

Diese Seite weiterempfehlen

»Link an Freunde senden
Das Geheimnis des vernebelten Passes von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Ein Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 11.973
Online Seiten: 145
PDF Downloads: 54
PDF Seiten: 340
EPUB Downloads: 41
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 665482
Druckwörter: 122463
Buchseiten: 504
Erschienen: January 2021

Ihre Spende ist willkommen!

Wir stellen Ihnen gerne alle Inhalte unserer Webseite kostenlos zur Verfügung. Sie können die Werke auch in der E-Book-Version jederzeit herunterladen und auf Ihren Geräten speichern. Gefallen Ihnen die Beiträge? Sie können sie alle auch weiterhin ohne Einschränkungen lesen, aber wir hätten auch nicht das Geringste dagegen, wenn Sie sich bei den Autoren und Autorinnen mit einer kleinen Zuwendung bedanken möchten. Rufen Sie ein Werk des Autors auf, an den Sie die Zuwendung senden wollen, damit Ihre Großzügigkeit ihm zugutekommt.
Tragen Sie einfach den gewünschten Betrag ein und drücken Sie auf "jetzt spenden". Sie werden anschließend auf die Seite von PayPal weitergeleitet, wo Sie das Geld an uns senden können. Vielen herzlichen Dank!

Diese Seite weiterempfehlen

»Link an Freunde senden
Kreisende Punkte
Leseecke Schließen