Logo Leseecke
OPEN DIGITAL LITERATURE PROJECT
Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 140

»Gesehen schon, aber nicht gewandert. Da bin ich kein Freund von!«, bestätigte er abermals seine ablehnende Haltung.

Der Unglückliche war eindeutig falsch auf dieser Insel. Jetzt verstand ich auch, warum er sich eine Gitarre auf dem Zimmer gewünscht hatte. Von mir aus konnte er es ja gerne mit der Gitarre versuchen, wenn das Schicksal ihn ein weiteres Mal auf eine Steilküsteninsel verschlug, um dort Strandurlaub zu machen.

»Wie hat Ihnen der Madeirawein gefallen?«, wechselte ich das Thema.

»Ja, doch. Hat was. Aber ich bin eher ein Biertrinker«, antwortete der Mann und drückte seine Zigarette an der Mauer aus.

»Ich auch. Trotzdem haben wir fast jeden Tag eine Flasche getrunken.«

»Der war lecker!«, schloss sich Geli meiner Meinung an.

»Das könnte Ihnen meine Frau auch bestätigen!«, meinte er lächelnd. »Okay, dann gehe ich sie mal suchen. Sie wollte irgendwo noch einen Kaffee trinken. Auf jeden Fall danke für den Tipp mit der Gitarre!«

»Gern geschehen! Machen Sie es gut!«, beendete ich die Unterhaltung.

Der gelangweilte Urlauber verschwand mit seinen Söhnen im Flughafengebäude, während wir die Zigarettenstummel in einem Ascher vor dem Eingang entsorgten und anschließend noch für eine Weile im Freien stehen blieben, um uns mental auf die Sicherheitskontrolle vorzubereiten.

Sie hatte sich im Laufe der Jahre zu einer nervenaufreibenden Angelegenheit entwickelt. Ob meine Frau auf irgendeine besondere Weise elektrisiert war oder ein mir unbekanntes eisernes Kunstgelenk in sich trug, entzog sich meiner Kenntnis, aber es piepste jedes Mal unangenehm laut, wenn sie durch den Türrahmendetektor spazierte. Der Alarm rief sofort pflichtbewusste Sicherheitsleute auf den Plan, die mit ihren Handscannern herbeieilten und einem die Reise zur Hölle machten. Ich hatte meine Frau schon unzählige Male darum gebeten, die Taschen gründlich zu leeren und jede Brosche abzulegen, ehe sie zu diesem verdammten Magnetbogen ging. Es hatte sich nichts geändert, sie strahlte, obwohl es keinen ersichtlichen Grund dafür gab! Solange Geli einer Visitation unterzogen wurde, blieb ich in aller Regel auch nicht verschont. Ich musste dem Angestellten am Bildschirm der teuflischen Röntgenmaschine anschaulich erklären, dass es sich bei den dünnen Schattenlinien im Gitarrenkoffer mitnichten um die Zündschnur einer Bombe handelte, sondern vielmehr um die frei hängenden Enden der aufgewickelten Gitarrensaiten. Es war nur das Pflichtprogramm, welches vor jedem Flug ähnlich ablief. Freilich gab es noch Zusatzeinlagen, die von Flughafen zu Flughafen erheblich variierten. Mancherorts konfiszierte man ungeniert Feuerzeuge, in anderen Teilen der Welt bestand das Personal rigoros darauf, dass die Fluggäste ihre Hosengürtel herauszogen und mit aufs Band legten, und irgendwo war ich sogar in Socken über den gefliesten Fußboden gelaufen, weil die Schuhe unbedingt durchleuchtet werden mussten. An den Unsinn, den die Flughäfen manchmal mit elektronischen Geräten veranstalteten, dachte ich gar nicht mehr. Unter anderem war ich schon mal aufgefordert worden, meinen Laptop hochzufahren, damit sich der Mitarbeiter überzeugen konnte, dass es in der Tat ein Computer war.

(?)
Leseecke Schließen
Lesezeichen setzen
 
Der Brockenwicht

Der Brockenwicht

Novelle von Nikolaus Warkentin
»Jetzt lesen

Man ließ es alles über sich ergehen in der Hoffnung, dass kein Sprengsatz ins Flugzeug geschleust werden konnte. Die entwürdigende Prozedur in Kauf zu nehmen, war mit Abstand die bessere Alternative, als einen Terroristen an Bord zu haben. Sie fanden immer wieder neue Wege, ihren Heiligen Krieg zu führen und zu rechtfertigen. Es war zweifelsohne ein Haufen von gehirnlosen religiösen Fanatikern, die jede Verachtung verdienten. Sie heiligten ihren Dschihad, ihre Schlacht gegen die Ungläubigen, ihren Kampf für den wahren Glauben, so wie sie ihn verstanden, doch ein Krieg konnte nie heilig, geschweige denn gerecht sein. Krieg war nur Dreck, Blut und Tod, egal was die ehrenwertesten Prediger dem Fußvolk erzählten, wenn sie es ihrer religiösen Gehirnwäsche unterzogen. Völlig unabhängig von der Religionszugehörigkeit machten sie sich eine der merkwürdigsten menschlichen Eigenschaften zunutze, nämlich die Annahme, dass die eigene Wahrheit die wahrste Wahrheit aller Wahrheiten war. Seit jeher bekriegten sich ganze Kulturen und einzelne Individuen, nur um dem anderen seine Sicht der Dinge gewaltsam aufzuzwingen. Die Methode funktionierte erstaunlich gut in jeder Hinsicht, nicht nur um einen Religionskrieg auszulösen. Doch die Hintermänner zogen selbst nie in die Schlacht, sie wollten am Ende nur unbehelligt zu Macht und Geld kommen. Immer. Sie berücksichtigten jedoch eins nicht. Der Heilige Krieg war ein zweischneidiges Schwert. Man konnte nur das ernten, was man aussäte. Von Weizen kam Weizen, von Gerste kam Gerste und von Hass kam Hass. Immer.

Mich verwunderte mitunter nicht minder der Umstand, dass Vertreter der abendländischen Kultur, also der christlich geprägten Welt, dergestalt erstaunt waren, dass sich der islamische Terrorismus wie ein Lauffeuer verbreitete und immer neue Anhänger fand. Die Christen machten große Augen und ihr Befremden war echt. Ratlos verfolgten sie in den Nachrichten die Anschläge gegen fromme Bürger und riefen zum Krieg gegen Terror auf. Sie fanden keinen aus ihrer Sicht triftigen Grund dafür, warum sich die Muslime gegen die westliche Welt und ihre Werte verschworen hatten. Für den Krieg gegen den Terror war ich auch, aber nicht deswegen, weil ich den Grund nicht kannte. Die Nachfolger Petri hatten ein klitzekleines Detail ihrer eigenen Geschichte vergessen: Genau diese christliche Zivilisation hatte bis vor Kurzem die halbe Welt beherrscht, zahlreiche Nationen ohne Rücksicht auf ihre Kultur und ihre Werte unterdrückt, kolonisierte Länder ausgebeutet und die geknechteten Völker erniedrigt. Und das eine oder das andere Jahrhundert davor, hatten die Christen noch selbst ihre Heiligen Kriege geführt, im Namen ihres Herrn und Heilands ganze Völker ausgelöscht und ihre Städte dem Boden gleichgemacht. Die Zeiten hatten sich geändert, doch die schmerzvollen Erinnerungen an Demütigung, Herabwürdigung und Missachtung waren noch lange von Mund zu Mund weitergegeben worden und hatten im Volksbewusstsein viele Generationen überdauert. Die kollektive Erkenntnis unterschied nicht zwischen guten und schlechten Christen, im Volksgedächtnis gab es für alle nur einen einzigen Begriff: Es waren Peiniger, die Schmerz und Tod mit sich brachten und Heiligtümer schändeten. Die islamistischen Strippenzieher mussten nur ein klein wenig nachhelfen, um ein neues Feuer des Hasses zu entfachen, was sie auch recht wirksam praktizierten.

| Seite 140 von 145 |

Günstige Downloads für Ihr Gerät

Das Geheimnis des vernebelten Passes
PDF
Titel: Das Geheimnis des vernebelten Passes
PDF Dokument: Format A5, 340 Seiten, Dateigröße 2.461 KB, Ausgeführte Dowloads 54, PDF-Reader zum Lesen erforderlich! Auch zum Lesen im Ebook-Reader geeignet
6,99 € N/A
Das Geheimnis des vernebelten Passes
EPUB
Titel: Das Geheimnis des vernebelten Passes
E-Book im ePub-Format: Anzahl Seiten deviceabhängig, Dateigröße 1.033 KB, deviceübergreifend optimiert, Ausgeführte Dowloads 41, e-Book Reader zum Lesen erforderlich!
6,99 € »Epubli Verlag
Das Geheimnis des vernebelten Passes Titel: Das Geheimnis des vernebelten Passes
Jetzt eine Printausgabe bestellen! Sie werden gleich auf die Seite des Verlages weitergeleitet, wo Sie Ihr Exemplar bequem erwerben können.
15,99 € »Epubli Verlag

Diese Seite weiterempfehlen

»Link an Freunde senden
Das Geheimnis des vernebelten Passes von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Ein Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 12.014
Online Seiten: 145
PDF Downloads: 54
PDF Seiten: 340
EPUB Downloads: 41
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 665482
Druckwörter: 122463
Buchseiten: 504
Erschienen: January 2021

Ihre Spende ist willkommen!

Wir stellen Ihnen gerne alle Inhalte unserer Webseite kostenlos zur Verfügung. Sie können die Werke auch in der E-Book-Version jederzeit herunterladen und auf Ihren Geräten speichern. Gefallen Ihnen die Beiträge? Sie können sie alle auch weiterhin ohne Einschränkungen lesen, aber wir hätten auch nicht das Geringste dagegen, wenn Sie sich bei den Autoren und Autorinnen mit einer kleinen Zuwendung bedanken möchten. Rufen Sie ein Werk des Autors auf, an den Sie die Zuwendung senden wollen, damit Ihre Großzügigkeit ihm zugutekommt.
Tragen Sie einfach den gewünschten Betrag ein und drücken Sie auf "jetzt spenden". Sie werden anschließend auf die Seite von PayPal weitergeleitet, wo Sie das Geld an uns senden können. Vielen herzlichen Dank!

Diese Seite weiterempfehlen

»Link an Freunde senden
Kreisende Punkte
Leseecke Schließen