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Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 136

Nur auf den ersten Blick sah es so aus, als wären wir schon fast abreisebereit gewesen. Die gepackten Koffer mussten noch mehrmals aufgemacht und gründlich durchwühlt werden. Bald fehlte ein Paar frische Socken für die Reise, bald musste noch mein Wollumhang hinein, der viel Platz erforderte und das bisherige Packkonzept meiner Frau komplett durcheinanderbrachte, mit dem Ergebnis, dass ein Koffer neu befüllt werden musste. Zum Schluss fiel Geli noch ein, dass ihre Jacke nicht ganz geeignet war für die weite Reise, und alles wiederholte sich von vorn. Kurz, es war fünf vor sieben, als wir wirklich fertig waren, unsere Koffer, Taschen und Tüten vor der Tür auf dem Gang abstellten und noch eine auf dem Balkon rauchten – es war der endgültige Abschied vom Pass, vom Turmberg und von der Unterkunft. Bei der Hotelauswahl hatten wir uns nicht geirrt, das konnte man ohne Bedenken behaupten. Es hatte uns an nichts gefehlt. Die Leute waren freundlich und zuvorkommend gewesen. Angelina bedankte sich abermals mit einer Münze, die sie vom Balkon die Böschung hinter dem Hotel hinunterwarf.

»So! Wie viel war es noch mal zu bezahlen?« Ich versuchte mich an den genauen Betrag für die Getränke zu erinnern, nachdem ich für Geli die Münze aus dem Portemonnaie herausgeholt hatte.

»Was zu bezahlen?«, wunderte sie sich.

»Was wohl? Das Bier im Restaurant und an der Rezeption. Ich habe alle Bestellungen im Computer notiert. Es waren ungefähr sechzig Euro, glaube ich.«

»Fünfundsechzig, um genau zu sein!« Sie wirkte erstaunlich sicher.

»Und woher …?«

»Wir haben mit dir schon alles gestern Abend nach dem Essen bezahlt! Weißt du es nicht mehr?«

»Wir haben gestern, was?«, wunderte ich mich nun meinerseits.

»Du bist wirklich komisch in der letzten Zeit!«, teilte sie mir wiederholt etwas mit, was ich gar nicht mehr bezweifelte. »Du hast selbst drauf bestanden, damit wir heute weniger Stress haben! Und du hast noch Trinkgeld gegeben diesem …«

»João Paulo?«, half ich meiner Frau auf die Sprünge.

»Ja, genau!« Sie sah mich mit einem forschenden Blick an. »Weißt du es nicht mehr?

»Ja, ein wenig kann ich mich erinnern …«, sagte ich. »Ich muss wirklich etwas über den Durst getrunken haben.«

»Etwas?« Sie rauchte zu Ende und machte die Zigarette aus.

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Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Roman von Nikolaus Warkentin
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In Wahrheit konnte ich mich an gar nichts erinnern, aber das Ganze machte meine missliche Lage weniger kompliziert. Ich musste mich nicht mit dem Rezeptionisten unterhalten, ein flüchtiger Gruß hätte gereicht. Wenn ich Glück hatte, stand er gar nicht am Empfang.

»Los, reisen wir ein bisschen! Gott ist mit uns!«, sagte ich voller Pathos und ging zur Tür.

»Nein, Gott ist …«, fing Geli ihren Satz an, während sie mir auf den Flur folgte.

»… ja, ich weiß, er ist nicht mit uns, er hasst Idioten wie mich!«, beendete ich für sie die aus dem Film zitierte Stelle und ließ die Tür ins Schloss fallen. Das Zimmer Nummer acht war Geschichte.

Zur vereinbarten Zeit standen wir brav vor dem Hoteleingang umgeben von unserem Gepäck und warteten auf den Transferbus. Das Schicksal hatte es bis jetzt gut mit mir gemeint. Es war mir tatsächlich gelungen, dem Mann vom Empfang auszuweichen. Er war dabei, irgendwelche Papiere im Hinterzimmer zu sortieren, während wir unsere Koffer über den gefliesten Boden der leeren Lobby zum Ausgang rollten. Ich hielt nur kurz an, legte den Schlüssel auf den Tresen, verabschiedete mich laut und ging gleich weiter, als wären wir in furchtbarer Eile gewesen. Ich hörte hinten noch seine Stimme, die uns eine gute Reise wünschte, als der Mann aus dem Zimmer nach vorne kam. Mir fehlte der Mut, um mich noch einmal umzudrehen, aber Geli verabschiedete sich noch von ihm mit höflichen Worten. Im Restaurant blieben wir gänzlich unbehelligt, während wir ein kleines Frühstück zu uns nahmen. Zu dieser frühen Stunde waren alle Köche und Kellner noch damit beschäftigt, die Wurst zu schneiden und die Auslage zu bestücken. Sie hantierten hauptsächlich hinten in der Küche mit irgendwelchem Geschirr.

Doch die fröhliche Stimmung, die sich bei mir eingestellt hatte, weil ich den schmerzhaften Erinnerungen entflohen war, schlug schnell ins Gegenteil um, nachdem statt einem Bus ein größerer Personenwagen von der Passstraße auf den Parkplatz vor dem Hotel eingebogen war. Ein heftiger Schauder erschütterte meinen ganzen Körper. Es war der Abholwagen und hinter der Windschutzscheibe erkannte ich den jungen Mann von elf Uhr! Gestern hatte ich ihn nicht zuordnen können, jetzt begriff ich, dass er unter den Partygästen gewesen war, weil ich ihn heute kennenlernen sollte. Mystische Gefühle ergriffen mein Gemüt, etwas beklemmte meine Brust und hinderte mich beim Atmen. Meine Wahnvorstellungen waren auf einmal wieder in vollem Umfang präsent in meinem Kopf. Wer hielt dieses Drehbuch in den Händen, in dem schon gestern dringestanden hatte, dass ich den Fahrer heute hätte treffen sollen? Wer führte die Regie bei dieser Inszenierung?

Ich fühlte mich noch unwohler, nachdem der Fahrer ausgestiegen war. Ich sah einfach weg und hörte nur, wie er sich mit meiner Frau unterhielt.

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Das Geheimnis des vernebelten Passes von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Ein Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 12.014
Online Seiten: 145
PDF Downloads: 54
PDF Seiten: 340
EPUB Downloads: 41
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 665482
Druckwörter: 122463
Buchseiten: 504
Erschienen: January 2021

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