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Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 112

Frische Morgenluft erfüllte das Zimmer, nachdem ich das Wasser für den Kaffee im Bad aufgesetzt und die Balkontür aufgemacht hatte. Die Sonne strahlte hinein und das Licht fiel auf das Bett, wo Angelina noch ihren letzten Traum sah. Ich ließ sie weiterträumen, denn das Sonnenlicht kroch langsam aber sicher zu ihrem Gesicht und hätte sie ohne meine Hilfe geweckt. Unsere lokale Sonnenfinsternis war bereits vorüber, die Sonne stand über dem Turmberg an einem endlos tiefen blauen Himmel, während ich meine Aufwachzigarette qualmte und darüber sinnierte, wie zerklüftet und verwittert doch die Felswand des Turmberges in Wirklichkeit war, die von hier relativ glatt aussah. Aber … Aber woher konnte ich wissen, wie sie in Wirklichkeit aussah? Sie zog ganz deutlich vor meinen Augen vorüber und ich wusste ganz genau, wie sie aussah. Ich war noch nie dort gewesen. In diesem Augenblick lief es mir kalt über den Rücken. Ich erinnerte mich plötzlich in allen Einzelheiten an mein nächtliches Abenteuer. War das Ganze nur ein alberner Traum gewesen? Vielleicht. Andererseits hatte ich mich noch nie in meinem Leben so ausführlich an eine Schlafvision erinnern können. Versuchte man einen Traum zu rekonstruieren, führte es immer unweigerlich dazu, dass sich die Handlung sofort irgendwo im Unterbewusstsein auflöste. Der seidene Faden der Erinnerung entglitt einem zwischen den Fingern, egal wie kräftig man daran zog, das Ende des Garns verschwand immer hinter einer grauen, undurchdringlichen Grenze, wohin der Weg jedem Gedanken verwehrt blieb. Hatte ich geschlafwandelt? Dann wäre ja alles noch viel schlimmer gewesen. Es hätte geheißen, dass das Ganze wirklich geschehen war! Und konnte ich tatsächlich fliegen? Irgendwie hatte ich keinen großen Wunsch, es auszuprobieren. Es wäre bestimmt besser gewesen, wenn ich meine Flugreise für mich behielt und keinem was davon erzählte, auch Geli nicht.

Ich warf vorsichtig einen Blick in das Zimmer hinein, um nachzusehen, ob Angelina irgendwas von meinem gedanklichen Selbstgespräch mitbekommen hatte – zuweilen legte sie ganz überraschende Fähigkeiten an den Tag. Nein, sie schlief noch unschuldig wie ein Engel in ihrem Bett, aber ein Sonnenstrahl kitzelte schon an ihrer Wange. Es konnte nicht mehr lange dauern, bis sie wach wurde. Ich zog mich an, um mit dem Laptop zur Rezeption zu gehen, nachdem ich meinen Kaffee getrunken hatte. Wir hatten schon fast neun Uhr und es war nicht ganz angebracht, dort um diese Zeit noch in einem Schlafanzug herumzulaufen.

»Wie spät ist es?«, meldete sich Geli mit verschlafener Stimme zu Wort, als ich schon auf dem Weg zur Tür war.

»Es ist Zeit zum Aufstehen! Die Franzosen prügeln sich schon um die Pfannkuchen im Restaurant!«, scherzte ich zur Antwort.

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Der Brockenwicht

Der Brockenwicht

Novelle von Nikolaus Warkentin
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»Wie spät ist es?«, beharrte sie auf einer genauen Zeitangabe.

Ich sah auf die Uhr und sagte: »Fünf vor neun. Ich gehe ein bisschen arbeiten. Komm nach, wenn du fertig bist, wir gehen dann zum Frühstück.«

Sie gab sich mit der Antwort zufrieden, rückte ihr Gesicht aus dem Sonnenlicht und machte wieder die Augen zu. Spätaufsteher konnten einen manchmal in den Wahnsinn treiben!

Erstaunlicherweise hatte sich gar nicht so viel Arbeit angesammelt, wie ich es befürchtet hatte. Außerdem hatte ich gestern gut Umsatz gemacht. Ich glaubte, es war der zweitbeste Betrag, den ich innerhalb eines Tages je erwirtschaftet hatte. Bemerkenswert schien zu sein, dass es immer dann passierte, wenn die Webseite unbeaufsichtigt lief. Sollte ich es vielleicht ganz lassen und einfach Ende des Monats nachsehen, wie viel tausend Euros in der Schatztruhe lagen? Es wäre schön gewesen, hätte aber nicht funktioniert, ich wusste es.

Der Aufenthaltsbereich wurde immer voller. Kein Wunder, es war nach neun Uhr! Manche Gäste waren mit ihrem Frühstück schon fertig und checkten ihre Handys in der Lobby, andere kamen frisch geduscht und mit feuchtem Haar aus ihren Zimmern und machten das Gleiche noch vor dem Frühstück. Die Putzfrauen bekamen am Tresen der Rezeption ihre Anweisungen und Aufträge. Geschäftlich gekleidete Herren liefen hin und her und besprachen ihre Probleme. Es war Montag, eine neue Arbeitswoche begann.

Ich war mit meiner Arbeit fertig und ging auf und ab in der Empfangshalle mit dem Notebook unterm Arm in Erwartung meiner Frau. Ich hatte keine Lust, wieder aufs Zimmer zu gehen, um sie wach zu kriegen und mir dabei ganz üble Sachen anzuhören. Sie wäre schon irgendwann von alleine gekommen. Nicht weit von der Treppe zum Obergeschoss hing eine Reliefkarte der Insel an der Wand. Eigentlich sträubte sich mein ganzes Wesen dagegen, aber sie zog mich magisch an und ich hielt vor der Karte und sah mir meine Flugroute von gestern an. Wie im Zeitraffer zog mein Ausflug vor meinen Augen an mir vorbei. Nein, ich wollte nichts mehr davon wissen! Stattdessen las ich lieber eine Bekanntmachung, die neben dem Zettel mit dem Passwort zum WLAN des Hotels hing. Die englische Textversion besagte, dass morgen, am Dienstag, auf Madeira ein Fahrradrennen stattfand und die Passstraße bis zum Nachmittag gesperrt war. Das war ein Ding! Wenn wir noch irgendetwas auf der Insel unternehmen wollten, was mit einer Busfahrt verbunden war, mussten wir es heute machen.

»Na, was ist?«, erklang unerwartet Gelis Stimme hinter meinem Rücken.

»Was soll denn sein? Gehen wir ins Restaurant. Das Frühstück wartet! Und wir sollten vielleicht nicht allzu lange frühstücken! Da.« Ich zeigte auf den Zettel.

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Das Geheimnis des vernebelten Passes von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Ein Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 12.012
Online Seiten: 145
PDF Downloads: 54
PDF Seiten: 340
EPUB Downloads: 41
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 665482
Druckwörter: 122463
Buchseiten: 504
Erschienen: January 2021

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