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Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 105

»Like a beer?«, fragte der pummelige Kellner, ob ich ein Bier haben wollte, während er uns verständnisvoll ansah und ein Kreuzchen in seiner Anwesenheitsliste neben unseren Namen setzte.

»Yes, Sir!«, stimmte ich zu, ohne zu zögern.

Die Erschöpfung ergriff allmählich Besitz von mir, der Durst war groß. Wir gingen zu unserem Tisch, legten die Rucksäcke ab und ließen uns auf die Stühle fallen. Es fühlte sich sehr angenehm an, wieder ein zivilisiertes Sitzgerät unter dem Allerwertesten zu haben und nicht einen kalten Stein mit scharfen Kanten.

»Hast du überhaupt Hunger?«, fragte mich Geli, während wir auf den Kellner mit unserem Bier warteten.

»Ja, doch. Aber ich habe keine Lust aufzustehen. Ich bin müde«, gestand ich.

»Dann gehe ich mir etwas holen.« Sie stand auf und humpelte zum Büfett.

Die Strapazen der letzten Stunden waren an ihr nicht spurlos vorbeigegangen, auch wenn sie sich nicht beschwerte. Ich erinnerte mich daran, wie bange es ihr zumute wurde, nachdem sie sich gedanklich die Bilder einer Übernachtung auf dem dunklen Berggrat vorgestellt hatte. Sie wirkte wie ein kleines Mädchen, das allein im dichten Wald zurückgelassen worden war. Vielleicht war diese unterschwellige Angst der Grund dafür, dass sie danach ihren ganzen Willen zusammennahm und ihre Schmerzen ausblendete, um unter allen Umständen heute das Hotel zu erreichen.

Der Kellner kam wieder und brachte das Bier. Er meinte gutmütig: »Your drinks, Sir!«, stellte die Gläser auf dem Tisch ab und erkundigte sich in seinem Portugenglisch, ob wir eine gute Wanderung hatten. »Had a goog trip today?«

»Yes, of course. It was wonderful.« Viel mehr Kraft als für eine gängige Floskel, dass alles in bester Ordnung gewesen war, hatte ich nicht.

Mein volles Interesse galt im Augenblick dem Glas mit dem Schaumhäubchen, das vor mir stand und all meine Aufmerksamkeit auf sich zog.

»Can you bring me one more please?«, fragte ich, ob der Kellner mir noch ein zweites Bier bringen konnte, nachdem ich das Bierglas in einem Zug geleert hatte.

Er lächelte einsichtig, nahm das Glas und begab sich nach hinten, um das nächste Bier anzuzapfen.

»Was gibt es da noch Schönes?«, wollte ich von Geli wissen, die gerade mit einem vollbeladenen Teller in der Hand zum Tisch zurückkehrte.

Der Alkohol wirkte schnell und drängte die Müdigkeit zurück. Ich bekam Lust und Laune, zur Auslage zu gehen und mir ebenfalls einen Teller mit Essen vollzumachen, zumal die Fischfilets in Angelinas Teller sehr appetitlich dufteten.

»Es ist nicht mehr viel, aber du findest noch was!«, antwortete sie und nahm auch erst einmal einen Schluck Bier aus dem Glas.

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Der Brockenwicht

Der Brockenwicht

Novelle von Nikolaus Warkentin
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Das letzte Pärchen verabschiedete sich an der Tür und die Kellner fingen bereits damit an, die Büfetttheke abzuräumen, als ich wieder am Tisch saß, nachdem ich mir noch die drei restlichen Salzkartoffeln aus der Warmhalteschüssel geholt und mit Rindergeschnetzeltem mit reichlich leckerer Soße verfeinert hatte. Das zweite Bier stand auch schon auf dem Tisch und es sprach nichts gegen eine Mahlzeit zum Abschluss des Tages.

Wir aßen mit gehörigem Hunger, wie man ihn nach dreizehn Stunden Wandern auf dem Bergrücken der Insel erwarten konnte. Auf unseren Tellern blieb kein Krümel liegen und kein Klecks Soße befleckte den blitzblanken Tellerboden – die Reste davon sammelte ich zum Schluss noch mit einem Stückchen Brot und beförderte es in den Mund.

Die Restaurantangestellten hatten bereits in einigen Bereichen des Speisesaals das Licht ausgeschaltet, als der Kellner noch einmal zu uns kam und fragte, ob wir noch ein Dessert haben wollten: »You like some dessert?«

»No, Sir, thank your very much!«, bedankte ich mich verneinend.

Ich fand es äußerst nett von ihm. Es war gut zu wissen, dass sie zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt hatten, uns vor die Tür zu setzen, obwohl sie jeden Grund dazu hatten. Die Angestellten hätten offensichtlich geduldig gewartet bis wir fertig gewesen wären, auch wenn wir uns noch einen Nachtisch geholt hätten.

»Thanks, Sir. We will go now. Thanks!«, fügte ich hinzu. Ich versicherte ihm, dass wir gleich definitiv gehen wollten.

Der Kellner lächelte zur Antwort, während er die bekleckerte Decke vom benachbarten Tisch abzog. Man durfte nicht unverschämt werden. Ich machte den letzten Schluck und wir begaben uns zum Ausgang.

Die Wirkung des Bieres ließ nach und die Augenlider wurden schwer. Nachdem wir in unserem Zimmer angekommen waren, wollte ich nur eins: Mich in die horizontale Lage bringen. Zu allem Überfluss bekam ich nach der heißen Dusche einen leichten Anfall von Schüttelfrost – vermutlich nur Erschöpfungserscheinungen. Mit letzter Willenskraft schlüpfte ich in meinen Schlafanzug und kroch unter die Decke. Mein Kopf berührte das Kissen und stilles Wohlbehagen erfüllte meinen Körper. Angelina sah sich noch irgendeinen Film an. Ich lag auf dem Rücken und verfolgte eine Zeit lang die Szenen auf dem Bildschirm, ohne wirklich zu verstehen, was dort passierte, als ich auf einmal merkte, dass sich das Bild auf der Mattscheibe geändert hatte. Entweder war es schon die nächste Sendung oder meine Frau hatte inzwischen auf einen anderen Fernsehkanal umgeschaltet.

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Das Geheimnis des vernebelten Passes von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Ein Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 12.012
Online Seiten: 145
PDF Downloads: 54
PDF Seiten: 340
EPUB Downloads: 41
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 665482
Druckwörter: 122463
Buchseiten: 504
Erschienen: January 2021

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