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Des Teufels Steg: Seite 10
Wolfgang verlor keine Zeit, denn er wollte heute noch ziemlich weit kommen. Solange der Kaffee durch die Maschine tropfte, trug er schon mal zwei Kissenbezüge mit seinen Sachen nach unten zum Auto. Die Idee, die Sachen einfach auf die hintere Sitzbank zu werfen, fand er nicht mehr so prickelnd, nachdem er die Bezüge geleert hatte, denn schön sah es nicht aus. Aber was sollte es? Eine andere Möglichkeit gab es nicht. Alsdann kehrte er in die Wohnung zurück und trank einen kräftigen Kaffee. Währenddessen zog Wolfgang eine Zwischenbilanz: Es blieb noch ein kleiner Sack mit Klamotten und sein Koffer. Ach ja, noch seine Jacketts mit den zugehörigen Hosen, die auf die Kleiderbügel gespannt auf Marthas Betthälfte lagen. Er musste aufpassen, sie durften nicht knittrig aussehen, schließlich wollte er noch einen gepflegten Eindruck während der Weinproben machen. Die Anzüge und den Kissenbezug konnte er dann gleich zusammen nach unten bringen und den Koffer zum Schluss, wenn er die Wohnung endgültig verließ. Er machte sich erneut an die Arbeit. Nach zwanzig Minuten war alles unten, was Wolfgangs Meinung nach mit ins Auto musste. Es fehlte nur er selbst und sein Koffer. Der Weinhändler lief noch zum letzten Mal durch die Wohnung und sah nach, ob er nicht etwas vergessen hatte. Dann machte er das Bett, spülte noch die Gläser und Tassen, die er benutzt hatte, und kontrollierte alle Wasserhähne und Lichtschalter. Es schien alles in bester Ordnung zu sein. Zu guter Letzt ließ er sich am Küchentisch nieder und überflog seinen an Martha gerichteten Brief. Wolfgang Breitscheid kam abermals zum Schluss, dass das Schreiben durchaus gut verfasst war und das zum Ausdruck brachte, was er Martha mitteilen wollte. Nun war er bereit, seinen neuen Lebensabschnitt zu beginnen. Wolfgang nahm seinen Koffer, brachte ihn ins Treppenhaus hinaus und schloss hinter sich die Wohnungstür ab. Dann ging er die Treppe hinunter und blieb im Erdgeschoss vor Marthas Briefkasten stehen. Der Weinvertreter hielt den Schlüssel zwischen seinen Fingern, er zögerte noch einen Moment lang, als ob er noch eine, die allerletzte wichtige Entscheidung zu treffen hatte. Schließlich nickte er ein paarmal mit dem Kopf wie jemand, der innerlich zu einer Einsicht gekommen war, warf den Schlüssel in den Briefkasten und ging mit seinem Reisekoffer in der Hand zur Tür hinaus.
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2. Kapitel: NÄCHTLICHE PATROUILLEHannes und noch zwei junge Männer aus dem Dorf tasteten sich eher vor, als dass sie sich zügig durch den dichten, düsteren Wald bewegten, und kamen nur langsam voran. Der Trampelpfad zwischen den dicken Buchen war kaum noch zu erkennen. Es dunkelte rasch, nur noch ein schmaler lichter Streifen am Horizont hinter dem Berg erhellte dürftig den Himmel, der Mond war entweder noch nicht aufgegangen, oder er versteckte sich hinter der Wolke, die zum Teil das Himmelsgewölbe bedeckte. Die drei nächtlichen Wanderer hatten keine Laterne bei sich, denn sie waren in geheimer Mission unterwegs und der Schein der Kerze hätte sie verraten. »Wir hätten früher aufbrechen sollen, Hannes«, sagte Ruprecht. »Dann könnten wir wenigstens was sehen. Wie sollen wir jetzt die Lichtung noch finden?« »Früher aufbrechen?«, entgegnete Hannes mit einer Gegenfrage und fügte gleich die nächste hinzu: »Damit das ganze Dorf sofort sieht, dass wir losziehen?« »Daran habe ich nicht gedacht«, rechtfertigte sich Ruprecht. »Aber was, wenn plötzlich der Wilde Mann vor uns steht? Er kommt immer unverhofft aus der Dunkelheit, habe ich gehört.« »Unfug«, gab Hannes zurück, »es gibt keine Wilden Männer. Vater Nicklas sagt, es ist nicht gut katholisch, wenn man an sie glaubt.« Jobst schloss sich dem Gespräch an: »Meine Mutter ist aber schon einem begegnet. Das sagt sie und ich glaube meiner lieben Mutter. Ich habe auch Schiss vor den Wilden.« »Dann sieh zu, dass du deine Bruche nicht vollmachst!« Hannes seufzte enttäuscht. Ruprecht und Jobst waren seine alten Freunde, sie hatten noch alle zusammen als Kinder im Dorf gespielt, Dummheiten gemacht und ihre Eltern geärgert. Doch mit der Zeit gingen ihre Wege immer weiter auseinander. Während Jobst, ein eher unterdurchschnittlich begabter Dorfbursche von kleinem Wuchs und mit albernem Gesichtsausdruck, sich als Bauernknecht verdingte und Ruprecht, der einen wesentlich geistreicheren Eindruck machte, sein dunkles Haar geschnitten sowie gekämmt trug und schon verheiratet war, beim Schmied in der Eisenhütte aushalf, zog die christliche Lehre Hannes, den stattlichsten und vermutlich den gescheitesten jungen Mann von ihnen, beharrlich in ihren Bann. Er bewunderte Vater Nicklas, vor allem ihm hatte es Hannes zu verdanken, dass er lesen und schreiben konnte, es war ein gelehrter Mann. Er wusste Dinge, die sich so klug anhörten, dass Hannes sie nicht zu verstehen vermochte, dennoch klangen sie so zauberhaft schön, dass der junge Adept sie einfach auswendig lernte. Er sah die Aufgabe seines Lebens immer mehr darin, den wahren, katholischen Glauben zu verbreiten, insbesondre in seinem Dorp to dem Dale, wo er schon sein ganzes Leben verbracht hatte und daher wusste, dass sich die Leute hier oft mit Dingen wie der Wilde Mann beschäftigten, anstatt dem wahren Gott und unser aller Erretter Jesus Christus zu huldigen. »Es ist alles Aberglaube. Schämet euch!« Er rückte entschlossen sein Lederwams zurecht. »Jammert nicht rum. Ich kenne den Weg zur Lichtung.«
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KurzinhaltWolfgang Breitscheid, ein Handelsreisender in Sachen Wein aus Hannover, findet sich plötzlich in der Zeit des Spätmittelalters wieder, während er eine ungeplante Verkaufsreise in den Harz unternimmt. Sein neuer Bekannter, ein Schriftsteller namens Richard Knöpfle, besitzt diese Fähigkeit nicht, aber während er nach dem unerwartet verschwundenen Weinvertreter sucht, stößt er auf eine Zusammenkunft von Rechtsradikalen aus Jena, die im Harz ein Hexenfeuerfest feiern. Derweil sich Richard mit der arischen Vereinigung auseinandersetzt, macht Wolfgang Bekanntschaft mit der Heiligen Inquisition. Es kommt zu einer entscheidenden Schlacht zwischen Gut & Böse und das Edle gewinnt – vorerst, denn das Übel ist nur schwer zu besiegen.Über den Autor
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