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Der Brockenwicht: Seite 94

Es erschloss sich mir noch nicht in vollem Maße, was denn an diesem Punkt so besonders war, das die Zerbolte daran hindern sollte, uns auch auf dem Schotterweg nach Ilsenburg zu folgen und am Ende ihren Auftrag erfolgreich auszuführen. Der Brockenwicht, der im Moment keinen Mucks von sich gab, war derjenige gewesen, der mir gesagt hatte, dass es um jeden Preis galt, das Brockenbett zu erreichen, um die Wanderung unbeschadet zu überstehen. Ich vertraute ihm zwar voll und ganz, aber dass es die ganze Wahrheit war, zweifelte ich an. Auch in anderen Situationen hatte ich schon gemerkt, dass er zwar nicht einer Lüge bezichtigt werden konnte, gleichwohl aber die meisten Informationen für sich behielt, vor allem die, die Aufschluss über wahre Verhältnisse auf diesem Berg gegeben hätten. Aber wen interessierte es aktuell? Noch waren wir nicht an der Kreuzung, noch konnte jeden Augenblick ein Trupp Zerbolte wie aus dem Nichts auftauchen und hier alles klein hacken.

Einen Grund zur Sorge lieferte nämlich die Tatsache, dass sich der Himmel mit jeder Minute immer ein klein bisschen mehr verdunkelte und die Gegend allmählig in ein Zwielicht eintauchte, was mir zu bedenken gab. Es war keineswegs eine Wolke, die vorüberzog und ihren Schatten über die Landschaft warf. Die Sonne stand immer noch hoch über den Bergen, aber sie lieferte nicht mehr genug Licht, als hätte sich in der Luft etwas wie ein unsichtbarer Dunst gebildet, der die Sonnenstrahlen daran hinderte, bis zum Boden durchzudringen. Diese Naturerscheinung, wenn man es so nennen durfte, hatte ich heute schon einmal erlebt. Damit fingen meine Abenteuer auf dem Hirtenstieg erst überhaupt an und nichts lag mir ferner als der Wunsch, dass sich das Ganze noch einmal wiederholte. Doch genau danach schaute es aus.

Ich konnte mir vorstellen, dass Ranulf von Blocksberg inzwischen herausgefunden hatte, dass er schlicht und einfach hintergangen wurde. Es war davon auszugehen, dass er unverzüglich seinen Meister anrief, sobald ihm bewusst geworden war, dass die Trödelhexe, die seinen wertvollen Hut verkaufen wollte, einfach nicht existierte. Vor diesem Anruf hatte schon der Brockenwicht gewarnt, mit Recht: Mephisto ließ uns wieder das Licht ausknipsen, anscheinend mochte er es auch nicht besonders, wenn ihm die schon sicher geglaubte Beute plötzlich durch die Finger schlüpfte.

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Das Geheimnis des vernebelten Passes

Das Geheimnis des vernebelten Passes

Reiseroman von Nikolaus Warkentin
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Was auch immer für Gemeinheiten er sich unseretwegen ausgedacht hatte, seine Rechnung wäre aller Voraussicht nach nicht aufgegangen, nahm ich mir die Frechheit zu behaupten, denn auf den letzten fünfzig Metern der Strecke ging die Straße immer steiler nach unten. Wir gewannen immer mehr an Schwung und bald flogen wir – es fehlte nicht viel –, fast ohne den Boden mit den Füßen zu berühren, unaufhaltsam auf die Kreuzung zu, bis wir mit Mühe und Not knapp vor einem gusseisernen Pfosten, der sich mit zwei Richtungspfeilen schmückte, zum Stillstand gekommen waren. Zum Glück überlebten die Wegweiser, einer davon zeigte auf die einmündende Schotterstraße und versprach einem die langersehnte Rückkehr nach Ilsenburg nach neuneinhalb Kilometern Fußmarsch.

Wir waren endlich am Brockenbett. Am Brockenbett! Wie zur Bestätigung meiner Annahme wurde es mit einem Mal wieder hell! Wer auch immer gerade den Schalter umgelegt hatte, machte sich allem Anschein nach keine Hoffnungen mehr, unserer habhaft zu werden. Es war ein Sieg! Es war der Sieg!

Noch mehr Gewicht hatte eine andere Bestätigung: »Du hast es tatsächlich geschafft, Amateur! Wer hätte es gedacht?«, sagte der Brockenwicht in meinem Schädel hämisch.

Der ungezogene kleine Schelm wurde mir langsam zu frech! Ich musste mal mit ihm ein ernstes Wort reden, sobald ich wieder dazu imstande war, beschloss ich.

»Wir … Wir haben … es geschafft«, verkündete ich meiner Frau die frohe Botschaft nach Luft ringend.

»Ja…«, keuchte sie zurück. »Haben uns etwas deine … Wie heißen sie?«

»Zerbolte.«

»… deine Zerbolte verfolgt?«

»Beinahe«, sagte ich beschwichtigend, nachdem sich mein Atem etwas gelegt hatte. »Wir konnten uns im letzten Moment ihrem Angriff entziehen.«

»Warum sind wir denn wie verrückt gerannt, wenn keiner hinter uns her war?«, fragte sie leicht unzufrieden. »Deinen Freund hast du ja auch vorhin in die Wüste geschickt!«

»Eben«, ärgerte ich mich. »Genau deswegen!«

Wie konnte ich ihr Dinge begreiflich machen, die für mich kraft gewisser Umstände offensichtlich waren, ihr jedoch verborgen blieben.

»Sicher ist sicher«, fügte ich hinzu, denn mir fiel nichts Besseres ein.

»Mmh«, gab sie pessimistisch von sich.

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Der Brockenwicht von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Die Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 9.859
Online Seiten: 130
PDF Downloads: 0
PDF Seiten: 298
EPUB Downloads: 0
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 495535
Druckwörter: 91448
Buchseiten: 384
Erschienen: July 2022

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