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OPEN DIGITAL LITERATURE PROJECT
Der Brockenwicht: Seite 84

»Gut«, stimmte ich zu. »Mach aber schnell!« Ich positionierte mich auf dem Weg vor der Kulisse der architektonischen Wunder des Brockens, während Angelina ihr Telefon herausholte, und setzte ein gezwungenes Lächeln auf. Die Kamera klackte.

»Ach, wie süß!«, begeisterte sich Geli, als sie sich das Foto ansah.

Sie kam dicht an mich heran und zeigte mir die Aufnahme, auf der ich dumm in die Gegend grinste und hinter mir das Brockenhaus, das Brockenhotel und der Sendemast durch die restlichen Nebelschleier zu sehen waren. Die Hexen, die über den Gebäuden ihren wilden Tanz vollführten, waren erwartungsgemäß nicht auf das Bild gekommen – ihre Escheinung lag offenbar in einem für die Fotografie unzugänglichen Bereich des Lichtspektrums –, doch die dubiose Gestalt im Regenmantel auf dem Weg hinter meinem Rücken war unverkennbar.

»Siehst du auf dem Foto den Mann hinter mir?«, fragte ich sie leise.

»Ja. Was ist mit ihm? Wer ist das?«

»Jetzt gucke mal unauffällig, ob er immer noch da ist. Vorsicht! Er soll nichts davon merken.«

»Ja«, gab meine Frau von sich, nachdem sie über meine Schulter gesehen hatte. »Er kommt auf uns zu. Wieso willst du …?«

Ich unterbrach sie: »Stell bitte keine Fragen. Hör einfach zu und mach, was ich sage. Bitte.«

»Okay …«, sagte sie gedämpft und sichtlich verblüfft über mein merkwürdiges Verhalten.

»Wir gehen jetzt los und zwar sehr schnell. Aber bitte nicht laufen und nicht nach hinten sehen! Der Typ soll möglichst lange in dem Glauben bleiben, dass es nichts mit ihm zu tun hat.«

»Aber …«

»Los, gehen wir!«, herrschte ich meine Frau an. »Alles andere erzähle ich dir unterwegs.«

Beinahe im Laufschritt bewegten wir uns auf dem Ringweg, der vorne die geteerte Brockenstraße querte. Wir mussten sie um jeden Preis erreichen und darauf so weit wie möglich nach unten kommen, bevor uns der Verfolger im Lederhut einholen würde. Dass es früher oder später passierte, zweifelte ich nicht – irgendwann kam immer der Zeitpunkt, wenn man die Rechnung für seine eigene Leichtsinnigkeit präsentiert bekam, und der Zahltag war heute.

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Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Roman von Nikolaus Warkentin
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Ich hatte einen Plan. Er war einfach, hätte aber durchaus funktionieren können, wenn wir den Cowboy so lange es ging auf Distanz hielten. Ich hoffte sehnlichst darauf, dass der Pakt mit Mephisto vorerst noch in Kraft war und die Brockenstraße wie der Hirtenstieg zuvor irgendein Schutzfeld besaß, das uns von Zerbolten und anderen Kreaturen abschirmen würde. Zumindest so lange, bis es sich herausstellte, dass ich keinen Gedanken daran verschwendete, den aufgezwungenen Vertrag einzuhalten. Es würde spätestens in dem Augenblick eintreten, wenn ich das Regenmäntelchen mit seinen Vertragsforderungen zum Henker schicken würde, wie auch immer sie aussehen mochten. Und danach? Es war ungewiss, man spielte schließlich ein Pokerspiel mit dem Teufel, der vier Asse im Ärmel hatte. Ihn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen, war nicht so einfach. Verzögerungstaktik war angesagt. Im Idealfall hätten wir auch bis zum Brockenbett kommen können, wo laut dem Wicht die teuflischen Aktivitäten etwas nachließen, aber es waren etwa vier Kilometer bis dahin und ob wir die unliebsame Begegnung so lange hinauszögern konnten, wusste ich nicht. Eines Versuches war mir die Sache aber wert.

Auf der Brockenstraße herrschte reges Treiben: Die einen bewältigten keuchend die letzten Meter ihres Aufstiegs und bekamen, ehe sie sich versahen, freies Geleit vom teuflischen Brockenpersonal, die anderen machten sich auf den Weg nach unten, was keineswegs bedeutete, dass sie ihre ungebetenen Fremdenführer loswurden.

»Die Legende von Faust ist wahr«, sagte ich zu Geli, als wir bis zur Brockenstraße kamen und uns unters Volk mischten.

»Von wem?«, hinterfragte meine Frau.

»Von Faust!«, ärgerte ich mich. »Goethe hat mal so was geschrieben. Hast du in der Schule nicht aufgepasst?«

»Ach so …«

»Ja, genau! Und es ist alles wahr, was er von Hexen und Teufeln auf dem Brocken erzählt hat. Es gibt sie wirklich. Hier. In diesem Moment. Um uns herum!«

»Bist du verrückt?« Sie sah mich misstrauisch an.

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Der Brockenwicht von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Die Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 9.848
Online Seiten: 130
PDF Downloads: 0
PDF Seiten: 298
EPUB Downloads: 0
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 495535
Druckwörter: 91448
Buchseiten: 384
Erschienen: July 2022

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