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Der Brockenwicht: Seite 5

»Ja, von mir aus, wenn die Holzpfeile überall so groß und gut sichtbar sind, werden wir es bestimmt zum Brocken und zurück noch bei Tageslicht schaffen! Und du musst nicht wieder auf dem Berg weinen!«

Sie sah mich vorwurfsvoll an. »Ich habe nicht geweint! Das hast du dir alles ausgedacht und eingebildet.«

»Moment mal, als wir auf …«, fing ich an, meine Sicht der Dinge darzulegen, als Geli mich erneut unterbrach.

»Guck mal! Wer ist denn das? Ach, wie süß … Wer hat dich hier hingesetzt?«

»Wer? Was? …«, fragte ich ahnungslos und folgte ihrem Blick.

Oben auf dem Pfosten, an dem der Wegweiser angebracht war, saß eine kleine drollige Bastelfigur und sah uns mit ihren lustigen, schwarzen Knopfaugen an. Es war eine Art Heinzelmännchen, bei dem der Torso aus einem großen Fichtenzapfen bestand, der in ein mit viel Mühe und Geduld aus kleinen Stofffetzen genähtes Jäckchen gekleidet war. Als Kopf diente eine Walnuss, die kunstvoll mit Farben bemalt war, um dem Gesicht des niedlichen Kobolds einen halb lieben, halb grimmigen Ausdruck zu verleihen. Das Haupt schmückte ein spitzer Hut, der ebenfalls aus einem dünnen länglichen Zapfen gearbeitet war, bei dem man die Schuppen am dicken Ende so geöffnet hatte, dass sie eine Hutkrempe bildeten. Unter dem Hut guckten Moosfetzen heraus, die das Haar des Waldwesens darstellten. Die Gliedmaßen ersetzten passend abgebrochene krumme Zweige, die zwischen den Zapfenschuppen befestigt waren. Der Wicht saß unbekümmert auf der oberen Schnittkante des Holzpfostens und ließ seine Füße baumeln, zumindest kam es einem so vor.

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Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Roman von Nikolaus Warkentin
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»Ja …« Ich überlegte kurz. »Was denn wohl? Es ist wieder irgendeine Hexengeschichte, die uns die Mitglieder des örtlichen Vereins der Naturfreunde erzählen wollen. Sie haben bestimmt vor Kurzem eine Vereinsbastelstunde gehabt. Vielleicht sitzt hier auf jedem Pfosten ein Troll. Das Publikum muss ja unterhalten werden, sonst kommt bald keiner. Im Ilsestein soll hier eine Fee leben, schon Heine hatte sie besungen, die Prinzessin Ilse, und das wird wohl einer ihrer treuen Diener sein! Alles Blödsinn und Aberglaube! Die Figürchen werden hier überall als Souvenirs verkauft, das hast du ja gestern in der Stadt gesehen. Hexen, Elfen, Feen, Zwerge … keine Ahnung!«

»Aber dieser ist besonders schön, so einen will ich auch haben«, entgegnete Geli.

»Bist du verrückt?«, wehrte ich mich gegen den Vorschlag, den sie schon auf der Zunge liegen hatte. »Ich klettere jetzt nicht auf den Pfosten … Komm, gehen wir jetzt! Der Weg ist lang. Wir sind erst am Ilsestein.«

Zu meiner Verwunderung folgte Angelina meiner Aufforderung ohne große Widerreden und setzte sich als Erste in Bewegung zu der nicht weit entfernten Lichtung, auf der eine Schutzhütte stand. Ich rückte den Rucksack auf meinem Rücken zurecht und folgte meiner Frau.

»Hihihi«, vernahm ich plötzlich ein leises krächzendes Lachen, das ein wenig boshaft klang und nicht aus Gelis Richtung kam.

Ich hielt wieder an und sah mich um. Keine Menschenseele war weit und breit zu sehen. Woher kam denn das Lachen, fragte ich mich, während mein Blick aus der einen in die andere Richtung wanderte und zum Schluss auf dem Pfosten mit dem Wegweiser stehen blieb. Etwas hatte sich geändert. Der Pfosten stand noch immer aufrecht, der Wegweiser war noch dran und oben saß noch das Zapfenmännlein, aber etwas war anders: Soweit ich es erkennen konnte, hatte der Wicht sein Gesicht in unsere Richtung umgedreht und sah uns hinterher, obwohl sein Blick zuvor auf die Straße vor dem Pfosten gerichtet war. Wie konnte es sein? Aus der Entfernung waren keine Details an der Figur deutlich zu erkennen und ich dachte als Erstes an eine optische Täuschung, die mich hinters Licht geführt hatte. Und das Lachen? Hatte ich es wirklich gehört? Ich ordnete es zunächst in den Bereich der ungeklärten Fälle ein, um mir während der Wanderung nicht den Kopf darüber zu zerbrechen.

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Der Brockenwicht von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Die Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 9.819
Online Seiten: 130
PDF Downloads: 0
PDF Seiten: 298
EPUB Downloads: 0
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 495535
Druckwörter: 91448
Buchseiten: 384
Erschienen: July 2022

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