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Der Brockenwicht: Seite 43
»Ei, ei! Vertrag? Wo siehst du hin? Du bist im Bösen mittendrin! Vertrag erfüllt und Pflicht getan, Wir feiern unser Fest fortan! Da kommt ein Hexchen, nackt und bloß, Und hält den Kelch. Die Lust ist groß! Es ist doch keinen Deut obszön. O sieh nur hin! Ist sie nicht schön?«
Der listige Schwindler zeigte auf die junge wohlgeformte Hexe, die gerade auf ihrem Besen herniederschwebte und ihm ein großes pokalartiges Trinkgefäß mit dem Zaubertrank überreichte. Ihr folgte ein grässliches altes Trollsweib, das sie aufzuhalten versuchte, und beide gerieten sofort in einen heftigen Streit.
»Du junges Flittchen, bleib ihm fern! Ich seh' dich hier nun gar nicht gern. Du drängst dich vor, ich bin es leid! Verschwinde hier, verflixtes Weib!«,
schrie die alte Oberhexe und spritzte dabei vor Aufregung mit ihrem Speichel aus dem zahnlosen Mund. Die entkleidete Schönheit zeigte sich aber wenig beeindruckt von dem Gesagten. Sie machte eine stilvolle Pirouette in der Luft, wandte sich ihrer Gegnerin zu und antwortete vor Selbstbewusstsein strotzend:
(?)
»Jetzt reicht es mir, du alte Vettel! Ich bin die Braut und muss nicht betteln. Und wenn du fragst, wie ich's gemeint, Der Schande Kuss hat uns vereint! Ja, ja, du alte dumme Nuss, Sein andrer Mund schmeckt ach so süß! So muss ich dich nicht länger fragen Und deine Dümmlichkeit ertragen!«
Sie kehrte der frustrierten Anführerin demonstrativ den Rücken, generierte ein unanständiges Geräusch und flog erfüllt von Würde davon. Der Listige lachte teuflisch auf und nahm einen großen Schluck Zaubertrank zu sich. Dem Grauhaarigen wurde das Ganze offenkundig zu viel. Er drängte zum Aufbruch:
»Verschone mich mit dem Gesang! Die Nacht ist kurz, der Weg ist lang. Und krieg ich heut' nicht, was mir wichtig, Betracht' den Pakt als null und nichtig.«
Die Androhung der Vertragskündigung zeigte Wirkung. Sein Opponent machte Anstalten zum Weiterwandern und gab der Hexenschar noch die letzten Anweisungen:
»So flieget, ihr – mein treuer Hauf, Da strömt das Volk den Berg hinauf. Fürwahr, es weiß nicht, was es tut, So sputet euch, macht heiß die Glut!«
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KurzinhaltDie Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?Über den Autor
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