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Der Brockenwicht: Seite 3

Diesmal war es kein bedeutungsloser Ausflug in die Berge, um sich ein bisschen die Beine im Wald zu vertreten, diesmal stand etwas richtig Schwieriges auf dem Programm – den Blocksberg aus eigener Kraft zu besteigen, war nicht jedermanns Sache. Auf den trügerischen Schein, dass der Berg eher einem großen Hügel glich, waren schon seit jeher hunderte von Leuten hereingefallen und jeder Einzelne von ihnen hatte das wahre Naturell des geheimnisvollen Brockens schmerzhaft am eigenen Leibe erfahren müssen.

Wenngleich Wanderstöcke bei einem Aufstieg auf eintausendeinhundertvierzig Meter Höhe für große Abhilfe sorgten, kam man ohne Proviant nicht weit. Er gehörte neben den Wasserflaschen ebenfalls in unsere Rucksäcke, darauf achtete ich penibel seit unserem unvergesslichen Aufstieg zum Pico Grande auf Madeira, der aufgrund von mangelnden Wasser- und Essensvorräten auf halbem Wege kläglich gescheitert war. Außerdem waren Regenjacken alles andere als überflüssig in diesem regnerischen Sommer. Noch sah es nicht danach aus, aber etwas sagte mir, dass es nicht die ganze Zeit trocken bleiben würde – die gleiche Meinung vertrat auch die Wettervorhersage in meinem Smartphone. Alles in allem war es nicht viel, nur das Allernötigste, auf das man aus Erfahrung nicht mehr verzichten konnte, aber unsere kleinen Ausflugsrucksäcke waren voll bis zum Rand, sogar die große Fotokamera, die hochauflösende Bilder machte, war zu Hause geblieben. Es war besser so, denn bei steilen Anstiegen, freute sich einer, wenn man ein Kilo weniger Gewicht auf dem Rücken hatte.

Die Heckklappe fiel ins Schloss mit einem klackenden Geräusch, das in der Morgenstille noch weit zu hören war, und wir marschierten los, nachdem ich zum letzten Mal meinen Blick auf das Parkticket hinter der Windschutzscheibe geworfen hatte, ob damit alles stimmte. Ich hatte zuvor eine Tageskarte am Parkscheinautomaten am anderen Ende des Parkplatzes gezogen, denn die Antwort auf die Frage, wann wir zum Auto zurückkommen würden, lag oben auf dem Berg gut unter irgendeinem Stein versteckt. Hier abgeschleppt zu werden oder eine saftige Strafgebühr zu bezahlen, hätte noch gefehlt. Es schien aber alles mit dem Parkschein zu stimmen: Die Parkzeit endete um achtzehn Uhr, sie hätte reichen müssen, danach war das Parken ohnehin gebührenfrei.

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»Ob wir dich noch je wiedersehen, Karl?«, wandte sich meine Frau mit einer Frage an unseren kleinen schwarzen Opel, der verwaist auf dem leeren Parkplatz stand.

Ich hielt ebenfalls an und drehte mich um. »Wir sind in zehn Stunden zurück! Du musst Geduld haben«, ermunterte ich ihn und registrierte im gleichen Augenblick, was es für ein Schwachsinn war, mit einem Auto Gespräche zu führen – zum Glück hatte uns keiner dabei beobachtet.

»Dauert es wirklich so lange?«, fragte Geli nun mich, nachdem der Parkplatz hinter einer Biegung verschwunden war.

»Ich bin mir sicher, nicht weniger! Wenn schon im Wanderführer sieben Stunden angegeben sind, werden es wahrscheinlich noch mehr als zehn.«

»Ja.« Sie nickte zustimmend. »Diesmal stimmt im Wanderführer das Meiste nicht!«

»Da sagst du aber was!«, pflichtete ich ihr bei. »Hier zum Beispiel: Wir müssen bis zu diesem Waldhotel noch gut einen Kilometer laufen. Die Adresse ist auch als Ziel fürs Navi angegeben. Was nützt mir die Adresse, wenn man sie nicht mit dem Auto erreichen kann? Die Straße ist für den allgemeinen Verkehr gesperrt, sie ist nur für Gäste. Der Parkplatz, wo das Auto steht, ist aber mit keinem Wort erwähnt. Seltsam. Gut, dass wir gestern hier waren und uns das Ganze angesehen haben! Ich glaube, ich werde keine Wanderführer mehr von diesem Herrn kaufen.«

»Der Wanderführer von Madeira war besser!«, lobte Geli den Verfasser der Texte der Beschreibungen von Wanderwegen auf der Atlantikinsel. »Ich muss zu Hause nachsehen, wer es war, und nur Wanderführer von ihm kaufen. In Goslar war ja das Gleiche. Weiß du noch, wie lange wir nach dem Parkplatz suchten, bis ich eine Lücke in der Hecke entdeckt habe?«

»Ja«, gab ich zur Antwort. »Egal, es ist jetzt vorbei! Genieße lieber die Wanderung. Wir gehen gerade in das Ilsetal rein, glaube ich.«

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Kurzinhalt

Die Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
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Online Seiten: 130
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PDF Seiten: 298
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EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 495535
Druckwörter: 91448
Buchseiten: 384
Erschienen: July 2022

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