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Der Brockenwicht: Seite 124
»Weiter auf der Route in nordwestlicher Richtung«, drängte sie zum Weiterfahren. »Nach fünfhundert Metern links abbiegen auf Friedensstraße.« »Ja, ja, ja«, sagte ich müde und gab Gas. Wir kamen unbehelligt heraus aus der Stadt, Ranulf von Blocksberg ließ sich nicht mehr blicken und ich vermisste ihn auch in keiner Weise. Ich schwieg und Geli sagte auch kein Wort, sie kämpfte mit ihren schweren Augenlidern und schreckte hin und wieder auf, wenn der Sekundenschlaf sie überwältigte. Zum Glück war es eine kurze Strecke, spätestens in einer Viertelstunde mussten wir zu Hause angekommen sein. Ach ja, wir wollten ja noch irgendeine Kleinigkeit zum Abendessen im Supermarkt kaufen! Dann eben eine halbe Stunde und danach wollte ich nichts mehr hören oder sehen, was mich an die Brockenwanderung erinnerte. »Nach einem Kilometer abbiegen auf die Erlebnisstraße der deutschen Einheit«, verlautete die digitale Frau die neue Fahrtrichtung. »Kannst du ihr bitte das Maul stopfen?«, bat ich meine Frau genervt. »Ich weiß jetzt auch ohne sie, wie wir fahren müssen.« Geli beendete die App und fragte: »Oder soll ich es ganz ausschalten?« »Kannst auch ganz ausschalten«, antwortete ich gleichgültig. »Ich will nichts mehr hören.« »Oh«, sagte sie auf einmal. »Dich hat jemand angerufen.« Sie zeigte mir die Benachrichtigung auf dem Bildschirm. »Wer soll mich denn angerufen haben?«, wunderte ich mich und sah mir die Meldung an. »Keine Ahnung. Die Nummer kenne ich nicht. Schalt aus, es ist egal.« »Wie geht es denn auf deinem Telefon?«, fragte sie hilflos. »Na wie soll es denn sonst gehen, genau wie auf deinem auch!«, meinte ich entnervt, während wir auf die angekündigte Kreuzung zufuhren. »Knopf drücken und halten, bis ›Ausschalten‹ angezeigt wird!« »Wieso schreist du mich denn an?«, gab sie unzufrieden zurück. »Sorry! Weil ich total müde bin und du mir … Mist! Jetzt bin ich wegen dir falsch abgebogen! Verdammt!«
(?)
Statt links nach Bad Harzburg zu fahren, fuhren wir zur Autobahn. Aus unerfindlichen Gründen war ich nach rechts abgebogen. Ich musste eine Wendemöglichkeit finden, aber es war leichter gesagt als getan. Die ununterbrochene Mittellinie auf der Straße ließ einem keine andere Wahl, als immer weiter geradeaus zu fahren. Links neben der Straße lag ein Ort, aber es gab keine Zufahrten. Doch dann erinnerte ich mich, dass es kurz vor der Autobahnauffahrt noch eine Kreuzung gab, von der man in den Ort hineinfahren konnte. Ich hatte mich da in den vergangenen Tagen ein paarmal fast verfahren. Da hätte ich wenden können oder einfach durch Stapelburg, so hieß der Ort auf der anderen Straßenseite, zum anderen Ende fahren, um wieder auf die Straße nach Bad Harzburg zu kommen. »Musste es denn sein?«, ärgerte ich mich lautstark. »Jetzt werden wir noch eine Viertelstunde länger brauchen!« »Und was habe ich damit zu tun?«, fragte Geli berechtigterweise. »Nichts«, antwortete ich schon etwas ruhiger. »Es war meine Schuld. Ich habe Mist gebaut!« »Du hättest lieber auf die Frau hören sollen und nicht das Telefon abschalten lassen!« »Jaja«, wimmelte ich ab. »Das ist schon die Kreuzung. Mal sehen, was es in Stapelburg so gibt.« In dem Dorf an der ehemaligen innerdeutschen Grenze gab es nicht wirklich viel zu sehen und ich bereute meine Entscheidung, durch den Ort gefahren zu sein, spätestens, als wir ausgerechnet in diesem Nest in einen Stau gerieten. Ein Bauer rangierte mit seinem Traktor in einer engen Straße und es schien eine längere Geschichte zu werden. Ich ärgerte mich zunächst, doch eigentlich hätte ich diesem Mann aus Dankbarkeit seine Füße küssen müssen! Aus der Gegenrichtung wartete auch ein Fahrzeug auf Durchlass und es war eine schwarze Limousine mit getönten Scheiben. »Was zum Teufel …?« Wie von einer Wespe gestochen setzte ich zurück, bog in eine Seitenstraße ein und gab richtig Gas ohne Rücksicht auf irgendwelche Tempolimits, bis ich auf der parallel verlaufenden Straße wieder nach rechts abbiegen konnte. Auch dort glich meine Fahrweise eher der eines Formel-Eins-Fahrers während eines Rennens durch die Straßen von Monte Carlo. »Was ist jetzt los?«, fragte Angelina besorgt. »Hast du nicht gesehen, wer da stand?« »Ich habe keinen gesehen. Wer?«
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KurzinhaltDie Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?Über den Autor
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