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Der Brockenwicht: Seite 113

Es war bitter, aber ich konnte den Wicht nicht wieder herzaubern und es musste weitergehen. Wir setzten unseren Weg ohne Brockenwicht fort.

»Es dürfte nicht mehr weit sein bis zu den Ilsefällen«, beglückte ich unsere Wandergruppe ausnahmsweise mal mit einer frohen Botschaft. »Geli, das auf dem Hügel ist der Hexenwald von heute Morgen. Von der Bremer Hütte war nur ein Katzensprung bis dorthin. Wir sind gleich da.«

»Hexenwald?«, fragte Leonie ungläubig.

»Ja, wir haben ihn so benannt, als wir heute in der Früh nach oben wanderten«, erläuterte ich. »Wie er wirklich heißt, wissen wir nicht. Es war aber ziemlich gruselig dort, als würde hinter jedem Baum eine Hexe lauern.« Die Einzelheiten ersparte ich ihr.

»Ob an den ganzen Geschichten etwas dran ist?«, dachte sie laut nach.

Ja, Leonie, sie waren alle wahr, das hatte ich mir vor zehn Stunden auch noch nicht im wildesten Traum vorstellen können, lag mir die Antwort schon auf der Zunge, als ich mich im letzten Augenblick besann und sagte: »Je nachdem, wie man es sieht …«

Ich hatte gemerkt, dass das Mädchen seit einer Weile immer sicherer mit dem verletzten Bein auftrat. Sie schritt noch keineswegs selbständig, aber der Druck auf meiner Schulter, den sie beim Beinwechsel mit ihrem Arm ausübte, hatte merklich nachgelassen. Wir kamen auch deutlich schneller voran, sodass Geli beladen mit einem zusätzlichen Rucksack ohne Gurte immer mehr zurückfiel. Es war nicht gut. Wir mussten alle beisammen bleiben, die Vorzüge einer Trennung der Gruppe in diesem Gebirge kannte ich zur Genüge, die wundersamen Tricks der einheimischen Illusionisten und Zauberkünstler ebenfalls.

»Lasst uns mal anhalten«, schlug ich vor, als wir bis zu einem Scheideweg kamen, der nach links zum Hexenwaldhügel abzweigte. »Warten wir, bis meine Frau uns einholt. Wir sollten einander auf keinen Fall aus den Augen verlieren. Könnte sich als lebenswichtig erweisen.«

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Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Des Teufels Steg - Wenn sich die Pforte schließt

Roman von Nikolaus Warkentin
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Wir machten Station neben dem Wegweiser am Abzweig, auf dem ich überraschend für mich wieder die Aufschrift »Brocken« las. Überraschend, weil ich angenommen hatte, dass wir uns von dem Berg entfernten und die Richtungspfeile höchstens in die entgegengesetzte Richtung weisen konnten. Der Zusatz in Klammern verriet auch, dass einen ein steiler Aufstieg erwartete, wenn man diese Richtung einschlug. Alsdann begriff ich meinen Denkfehler. Der Kreis schloss sich nämlich langsam, der Kreis, dessen Ausgangspunkt auf der Kreuzung an der Bremer Hütte lag, wo wir den Abzweig zum Heinrich-Heine-Weg genommen hatten. Nun näherte sich unsere kleine Expedition der Hütte von einer anderen Seite. Wir mussten uns in unmittelbarer Nähe von ihr befinden und, selbstverständlich, konnte man von hier auch zum Brocken gelangen, ohne umzukehren und zurückzulaufen, – es wäre sogar eine Abkürzung gewesen, aber von diesem Umstand mochten lieber andere profitieren, ich hatte genug von dem Berg.

»Ich habe mich nicht geirrt«, stellte ich fest. »Es ist der Hexenwald da oben. Das muss der Weg sein, der den Wald am Rande streift und über die Hermannsklippe zum Hirtenstieg führt. Dort fängt der steile Aufstieg an. Dort oben sind wir heute gewandert.«

»Wo seid ihr denn gestartet?«, wollte Dominik von mir wissen.

»In Ilsenburg.« Ich erklärte ihm in groben Zügen unsere Route und fragte zum Schluss: »Und ihr beiden? Wie hat es euch auf den Brocken verschlagen?«

»Wir sind mit der Schmalspurbahn gekommen, aus Wernigerode«, antwortete Leonie, die mittlerweile ganz fest mit beiden Beinen auf dem Boden stand, und nichts an ihr ließ erkennen, dass sie noch vor einer halben Stunde um ihr Leben gekämpft hatte.

»Der ursprüngliche Plan war«, erzählte Dominik die Geschichte weiter, »dass wir mit der Brockenbahn nach oben fahren und dann zu Fuß nach Ilsenburg runterlaufen. Und von dort mit der Regionalbahn wieder nach Wernigerode. Dort steht noch unser Auto am Bahnhof. Es lief auch alles nach Plan, bis uns die Idioten im Wald überfallen haben.«

»Ja, ich hoffe, dass wir bald einen Krankenwagen rufen können. Es ist mir sehr unangenehm, dass ihr wegen mir so leiden musstet. Sorry«, entschuldigte ich mich.

»Na ja«, meinte der Junge, »es war zwar keine gute Erfahrung, aber wir sind euch unendlich dankbar, dass ihr uns geholfen habt. Du kannst ja auch nicht viel dafür, dass die Blödmänner uns als Geiseln genommen haben.«

»Außerdem, mir geht es schon viel besser!«, teilte Leoni fröhlich mit.

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Der Brockenwicht von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Die Welt des Guten und die Welt des Bösen. Wo liegt die Grenze, die dazwischen verläuft? Gibt es sie überhaupt oder ist es ein und dieselbe Welt, zwei Wirklichkeiten, die miteinander zu einer verschmolzen sind, wo sich die Realitäten überlagern und wie unsichtbare Zahnräder ineinandergreifen? Oder gibt es ein mysteriöses Portal, durch das man aus einer Welt in die andere gelangen kann? Wenn es wahr ist, so muss es irgendwo auf dem Blocksberg im Harzgebirge liegen, denn mindestens einmal im Jahr öffnet sich das geheimnisvolle Tor in die Unterwelt und der Fürst der Finsternis übernimmt die Macht auf dem sagenumwobenen Brocken. Ein Mann durchlebt während seiner Wanderung auf dem Heinrich-Heine-Weg im Harz die Walpurgisnacht aus Goethes Faust auf seine eigene Art. Ein seltsamer Kobold, ein durch seine Vorstellungskraft entstandenes Fabelwesen, begleitet ihn als treuer Beschützer auf seinem beschwerlichen Weg. Der Wanderer begegnet Leuten, die er nur flüchtig kannte oder schon seit Jahrzehnten nicht mehr sah. Sie scheinen aber alle nicht mehr von dieser Welt zu sein und sind aus irgendeinem Grund alle wieder da, um an der teuflischen Aufführung teilzunehmen. Er trifft auf bizarre Wesen, die nur der Hölle entsprungen sein können. Hexen kreisen in Scharen über seinem Kopf und schließlich bringt ihn der Höllenfürst dazu, einen Pakt mit ihm zu schließen, der noch ein langes Nachspiel haben wird, in das einige Unbeteiligte wie in einen Strudel des Verderbens mit hineingezogen werden. Es scheint zuweilen alles Fantasie zu sein, aber wer weiß: Vielleicht ist auch etwas Wahres dran?
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 9.859
Online Seiten: 130
PDF Downloads: 0
PDF Seiten: 298
EPUB Downloads: 0
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 495535
Druckwörter: 91448
Buchseiten: 384
Erschienen: July 2022

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