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Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 63

»Ja, dann lass uns eine Besichtigung machen«, fügte ich mich meinem Schicksal. »Das heißt: Du machst deine Fotos und ich vergnüge mich in einer Bar!«

Eine positive Seite hatte die geplante Besichtigung trotzdem. Geli ließ endlich von den Läden mit Krimskrams ab und konzentrierte sich nur auf die Kathedrale, sodass wir in zehn Minuten eine Entfernung bewältigt hatten, die ich mir in den letzten dreißig Minuten nicht einmal hätte träumen lassen können. Mit gezückter Fotokamera, den Blick nach vorn gerichtet, stürmten wir in Windeseile die Straße entlang und standen bald vor dem Turm, der das Straßenbild dominierte. Die mittelalterlichen Gemäuer beeindruckten mich wenig. Abgesehen davon, dass die ganze Kathedrale einen etwas merkwürdigen Grundriss für eine katholische Kirche hatte, befand sich das Hauptportal nicht im Bereich des Kirchturms, wie ich es erwartet hätte, sondern auf der Rückseite, die in diesem Fall die Frontseite war, und der Kirchturm seinerseits war auf der Rückseite an das Kirchenschiff angebaut. Das hörte sich an diesem sonnigen Morgen mit strahlend blauem Himmel wirklich sehr kompliziert an. Ich musste jetzt nicht auch noch die Logik der Erbauer nachvollziehen, warum das so war und nicht anders. Aber möglicherweise hatte ich unrecht und die Kirche hatte ursprünglich ihren Eingang ganz woanders gehabt. Es war denkbar, dass sie das heutige Aussehen erst im Laufe der Jahrhunderte angenommen hatte, nachdem einige Bereiche angebaut oder verändert worden waren. Aber musste ich mich jetzt mit den Fragen beschäftigen?

»Du findest mich dort, wenn du mit deiner Besichtigung fertig bist.« Ich zeigte auf die andere Seite des an die Straße angrenzenden Kirchplatzes, wo einige Tische draußen standen und das Lokal, zu dem sie gehörten, nach einer Einrichtung aussah, wo man auch ein Bier bekommen hätte.

»Du besuchst nie eine Kirche mit mir!«, erwiderte Geli vorwurfsvoll. »Ich muss immer allein Besichtigungen machen.«

»Ich habe da drin schon alles gesehen. Es sieht in der ganzen Welt gleich aus! Jetzt geh schon und lass mich zufrieden mit deiner Kirche!«

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Kathedrale von Funchal
Kathedrale von Funchal

Sie entfernte sich und machte Fotos vom Haupteingang, lief dann um das Gebäude herum, um dort nach passenden Fotomotiven zu suchen, und verschwand aus meinem Blickfeld, während ich mich auf den Weg zum Lokal machte – ein Bier hätte mir jetzt gutgetan. Ein freundlicher portugiesischer Kellner, der mich etwas an João Paulo aus dem Hotel erinnerte, kam mir entgegen, lächelte bezaubernd und bot mir einen Tisch an, von dem aus ich einen guten Überblick über die ganze praça da igreja gehabt hätte. Ich war einverstanden, nahm Platz und bestellte ein Bier. Obwohl sich auf dem Kirchplatz viel Volk tummelte, waren die meisten Tische frei. Es war genau die Zeit am Vormittag, als es noch zu früh war, um zu Mittag zu essen und zu spät, um einen heißen Kaffee mit einem Frühstücksbrötchen zu sich zu nehmen. Für ein heißes Getränk wäre es auch schon zu warm gewesen. Die Sonne knallte vom wolkenlosen Himmel, sodass es keinem der anwesenden Gäste in den Sinn kam, etwas außer Cola, Bier oder gekühltem Orangensaft zu bestellen. Alle saßen friedlich im Schatten der großen Sonnenschirme und beobachteten das Geschehen auf dem Platz, als der Kellner mein Bier brachte und einen Ascher auf meinen Tisch hinstellte, um den ich ihn höflich gebeten hatte. Das kühle Bier wirkte sehr erfrischend, ich nahm einen großen Schluck und zündete mir eine Zigarette an. Die meisten Leute auf dem Platz waren Touristen, nur hier und da sah man ein portugiesisch anmutendes Gesicht, obwohl ich mir gar nicht sicher war, dass es nicht ebenfalls Inselbesucher vom portugiesischen Festland oder aus Spanien waren. Wer hier eindeutig zu den Einheimischen gehörte, waren Taxifahrer, die sich in kleineren Gruppen überall auf dem Platz verteilt hatten und ihre eigenen Probleme besprachen. Etwas Besseres hatten sie im Moment nicht zu tun, denn ihre Taxen reihten sich, geparkt am Straßenrand, so weit das Auge reichte. Ich sah nur gelb entlang des Straßenzuges, der auf der linken Seite der mit Kopfstein gepflasterten Fahrbahn einen Taxistand hatte. Die Frauen in bunten Kopftüchern fehlten gänzlich, in diesem Viertel gab es für sie wohl nichts zu erledigen, der Teil der Stadt, der sie interessierte, befand sich vermutlich in der Nähe des Mercado dos Lavradores, wo sie ihre wöchentlichen Einkäufe machten.

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Das Geheimnis des vernebelten Passes von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Ein Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 11.995
Online Seiten: 145
PDF Downloads: 54
PDF Seiten: 340
EPUB Downloads: 41
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 665482
Druckwörter: 122463
Buchseiten: 504
Erschienen: January 2021

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