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Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 26
»Hä? Du bist blöd!«, ließ ich mich auf das Gespräch mit meinem alter ego ein. »Es gibt keine Elfen. Und Erlkönige gibt es auch nicht.« »Natürlich gibt es sie!«, setzte die Stimme fort. »Was glaubst du denn, zu wessen Füßen du gerade wie ein räudiger Hund liegst?« »Blödsinn!« »Gestehe dir endlich deine Nichtigkeit ein! Du maßt dir an, groß und allmächtig zu sein, in Wirklichkeit bist du ein Nichts! Du kannst ohne das Wohlwollen des Elfenherrschers nicht einmal diesen Berg bezwingen! Gestehe und tue Buße!« »Was ist das für ein Kirchenquatsch, den du mir hier erzählst?«, fragte ich aufgebracht. »Du wirst hier an diesem Hang verrecken! Flehe den König um Gnade an, damit er dich auf diesen Berg führt. Sonst wird es zu spät.« »Ach! Nur verrecken? Nicht in der Hölle schmoren? Dann ist ja alles in bester Ordnung! Verschwinde hier, zusammen mit deinem König!«, wurde ich böse. »Das war schon immer dein Problem!«, bohrte die Stimme immer weiter. »Du wolltest dich noch nie unterordnen und dich sicher führen lassen. Davon kommt all dein Elend!« »Hör mal, Freundchen! Ich will und muss mich keinem unterordnen. Der Erfolg oder der Misserfolg hängt einzig und allein von meinem Willen und meiner Kraft ab. Verschwinde hier, sonst …« »Das ist dein Probleeeeem!«, schrie mein zweites Ich mich aus vollem Hals an und verschwand wieder genauso schnell, wie es vorhin aufgetaucht war. An seine Stelle trat nunmehr ein verschwommenes Gesicht von jemandem, der sich über mich beugte und aufmerksam anschaute, während ich auf dem Pfad am Rande der Bewusstlosigkeit lag. Der Mann verlor keinen Ton, er lächelte nur auf eine merkwürdige Weise, nachdem er die Gewissheit erlangt hatte, dass ich noch nicht dem Tode geweiht war. Alsdann verflüchtigte sich sein Interesse an meiner Person, er schritt unbeeindruckt weiter auf dem Weg. An der diffusen Erscheinung konnte ich keine Details auseinanderhalten, das Einzige, was mir auffiel, war der dunkle Anzug, den die geheimnisvolle Gestalt trug. Und noch etwas: Seine rechte Schulter hing ein wenig hinunter, als wenn irgendein Gewicht sie belastete. Der Mann drehte sich plötzlich um auf dem Pfad und sah zu mir herüber, seine Lippen bewegten sich. »DAS IST DEIN PROBLEEEEEM!«, hörte ich seine laute Stimme, die jeden Buchstaben langsam und deutlich artikulierte. Er stand ziemlich weit weg, aber es kam mir vor, als hätte er mir den Satz direkt ins Ohr gesprochen. »Probleeeeem … leeeeem … leeeeem … leeeeem«, echote es noch in meinen Ohren, als ich wieder die Augen öffnete.
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![]() Alleingelassen auf dem Hang Ich richtete meinen Kopf auf und sah mich um. Ich war immer noch mitten auf diesem ausgedörrten Acker. Erlkönige und Elfen waren keine zu sehen. Was war das gewesen? Wie lange lag ich schon auf dem Weg? Musste ich mir irgendwie Sorgen um meinen geistigen Zustand machen? Das alles stimmte mich sehr nachdenklich. Mein Atem hörte sich gleichmäßig an. Durst quälte mich, aber ich hatte kein Wasser. Der bittere Geschmack des Schleims im Mund machte ihn noch größer. Ich putzte meine Brille und versuchte einige Schritte zu machen. Es ging wieder. Weit vorne konnte ich deutlich die Krümmung des Hangs erkennen, also durfte es auch nicht mehr allzu weit sein bis zu dem Punkt, an dem ich von meinen Leiden erlöst werden konnte. Der Pfad verlief jetzt auch beinahe schnurgerade und nur halb so steil wie vorhin. Vertrocknete Gräser wurden nach und nach durch grüne Sträucher abgelöst. Mit Mühe und Not machte ich nur kleine langsame Schritte, aber ich bewegte mich und fand sogar meinen Rhythmus. Nein, es war kein schnelles, sicheres Vorankommen. Wie ein Chamäleon schaukelte ich bei jedem Schritt nach vorn und zurück und zog gleich ein Bein nach, wenn ich ausreichend Schwung bekam, um dem Pfad ein paar Zentimeter abzuringen. Es war das einzig Rhythmische an meinem Rhythmus. Ich blieb öfter mal stehen, erholte mich und hielt Ausschau, wo denn meine Frau war. Sie war immer noch nicht zu sehen, obwohl der Berg einen immer weiter nach vorne blicken ließ. Es ärgerte mich. Das zum Beispiel, dass sie einfach weiter gegangen war und mich allein gelassen hatte – ohne einen Schluck Wasser, ohne moralische Unterstützung. Sie hätte doch wenigsten zurückkommen können, nachdem sie gemerkt hatte, dass ich nicht mehr auftauchte. Es wäre doch nicht zu viel verlangt gewesen, schließlich war sie diejenige, die einen Spaziergang nach Curral das Freiras machen wollte und mich auf diesen verflixten Berg geschleppt hatte. Was war dabei herausgekommen? Ich war vom Erlkönig heimgesucht worden. »In seinen Armen das Kind war tot«, kam mir ein passender Vers in den Sinn. Wo blieb dieser Anführer der Alben eigentlich? Er hätte mir doch mit seiner magischen Hand einen Schubs verpassen können, damit ich die Kuppe schneller erreichte, es wäre doch ein Leichtes für ihn gewesen. Aber nein, jeder wollte um Gnade angefleht werden! Ich musste es irgendwie selbst meistern.
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KurzinhaltEin Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.Über den Autor
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