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Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 18

Wir waren schon seit fast dreieinhalb Stunden unterwegs. Es bedurfte keiner besonderen mathematischen Fähigkeiten, um auszurechnen, dass der Rückweg auch etwa genauso viel Zeit in Anspruch genommen hätte und wir frühestens um halb fünf im Hotel gewesen wären. Wir mussten umkehren und zurückgehen. Ich überlegte, wie ich es Geli am besten beibringen sollte, dass unser Ausflug an dieser Stelle erst einmal seinen Höhepunkt erreicht hatte. Die beste Gelegenheit bot sich wohl während einer Rast, die ohnehin schon erforderlich war, zumal der Magen vor Hunger knurrte. Es war Mittagszeit.

»Lass uns mal etwas essen«, schlug ich vor und sah mich nach geeigneten Steinen um, wo wir unser kleines Picknick im Sitzen genießen konnten.

Wir befanden uns auf einem geräumigen natürlichen Platz vor dem Tunneleingang und konnten schnell einen flachen Felsbrocken finden. Geli holte die Vorräte aus ihrem Rucksack und legte sie auf ein ausgebreitetes Taschentuch: zwei gekochte Eier, eine halbe Gurke, zwei Bananen, ein Stück Bauchspeck und ein paar Cherrytomaten. Drei Scheiben Brot und eine Plastikflasche Wasser kamen noch dazu und wir nahmen Platz an unserem improvisierten Tisch.

»Weißt du«, sagte ich, nachdem ein halbes Ei in meinem Mund verschwunden war, »wir müssen wohl gleich umkehren.»

»Jetzt schon?«, fragte meine Frau enttäuscht und streute etwas Salz auf die der Länge nach halbierte Gurke. »Aber die Levada geht ja noch weiter!«

»Ja, aber wer weiß, wohin und wie lange noch!«, erwiderte ich und zeigte auf die Uhr. »Es ist schon halb zwei und wir werden erst um fünf im Hotel ankommen. Kannst du mir das Salz geben?«

»Kannst du die Eierschalen nicht gleich in diese Abfalltüte legen?«, wies sie mich zurecht und reichte mir das Salz, bevor sie wieder auf das Thema zurückkam: »Okay, wenn es sein muss, dann gehen wir zurück!«

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Geräumiger Platz am Tunneleingang
Geräumiger Platz am Tunneleingang

Ich merkte, dass auch sie ziemlich müde war, ihre Erschöpfung aber nicht zugeben wollte. Jetzt umzukehren, war die bessere Alternative. Wir saßen noch eine Weile und unterhielten uns über märchenhafte Welten, die wir heute gesehen hatten, bis das Gemüse, der Speck und die Eier gegessen waren. Hinter uns rauschte ein Wasserfall und neben uns gluckerte ein kleiner Bach den Hang abwärts, sonst war es absolut still und ein wenig gespenstisch zwischen den bemoosten Bäumen.

»So, dann rauchen wir noch eine und los geht es!«, ließ ich Geli meine Pläne wissen, während sie die Reste unserer Mahlzeit vom Stein räumte.

»Und was machen wir morgen?«, fragte sie ultimativ.

»Mensch, lass uns zuerst die Sache von heute erledigen!«, regte ich mich auf. »Morgen ist ein anderer Tag! Wir werden sehen.«

Wievielmal konnte ich noch erklären, dass ein erlebnisreicher Wanderurlaub auch mein Ziel war. Dafür musste man mich nicht festnageln, um mir ein Versprechen zu entlocken, eine Wanderung zu machen – keine Ahnung wohin und keine Ahnung wie, aber unbedingt schon morgen. Alles musste seine Ordnung haben, seine Zeit, seine Vorbereitung! Oder nicht? Man musste sich zumindest mal umsehen und zurechtfinden in dem Gewirr der Wanderrouten, um zum Beispiel einfach zu wissen, wohin der Weg überhaupt führte. Das wäre vielleicht ganz nützlich gewesen.

Die Zeit drängte, wir mussten uns auf den Rückweg machen. Immerhin: Mindestens drei Stunden Fußmarsch lagen noch vor uns.

»Abhauen, Blonde!«, ahmte ich Tuco Ramirez nach, nachdem wir den Platz noch mal auf vergessene Sachen kontrolliert hatten, und schaltete die Taschenlampe ein, um in den Tunnel zu steigen.

Es ging zurück zum Pass von Encumeada.

* * *

Heute herrschte buntes Treiben neben dem Laden am Pass, es musste wohl an dem Montag gelegen haben, dass gestern alles geschlossen gewesen war. Auf dem Parkplatz sowie entlang der Straße waren viele Autos abgestellt. Ein Busfahrer putzte eifrig die Windschutzscheibe seines Doppeldeckers, solange die Ausflügler in der Gegend zerstreut waren und die Umgebung erforschten. Ein zweiter Reisebus rollte gerade von der Straße heran, die auf die Hochebene führte, und zischte geräuschvoll beim Abbremsen mit entweichender Pressluft in seinem Inneren. Der Fahrer hielt Ausschau nach einer Parkmöglichkeit, die ihm der kleine Parkplatz nicht mehr bieten konnte, und musste letztendlich mit dem Straßenrand vorliebnehmen.

Am Pass widmete sich Angelina gleich der Begutachtung der Strickerzeugnisse, die ihr gestern verwehrt geblieben waren. Es hätte also etwas länger dauern können, denn das Angebot war ziemlich breit gefächert. Es war ein Gemischtwarenladen. Ich schaute mich auch flüchtig in dem Geschäft um und entdeckte einen Stand mit Reiseführern, Karten und Wegbeschreibungen in allen möglichen Sprachen. Eine sehr nützliche Entdeckung, wie ich fand. Hier hätte ich mir bei Bedarf einen Wanderführer holen können. Im Übrigen interessierte mich in dem Geschäft kaum etwas. Ich ging einfach vor die Tür, um dort auf meine Frau zu warten.

 

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Das Geheimnis des vernebelten Passes von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Ein Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 11.970
Online Seiten: 145
PDF Downloads: 54
PDF Seiten: 340
EPUB Downloads: 41
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 665482
Druckwörter: 122463
Buchseiten: 504
Erschienen: January 2021

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