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Das Geheimnis des vernebelten Passes: Seite 116

»Und wennschon …! Nur du läufst als Einziger wie ein Blöder hin und her und fuchtelst mit den Händen. Es ist immer äußerst peinlich!«

»Schön, dass es hier wenigstens keine offenen Strände gibt und du dich nicht meinetwegen schämen musst«, bemerkte ich voller Ironie.

Das stimmte nicht, vergangene Nacht hatte ich an der Nordküste die eine oder die andere Bucht gesehen, von wo aus man ungehindert auch gleich nach Grönland hätte schwimmen können, aber das musste Geli alles nicht wissen. Sie musste sich mit diesem Schwimmbecken in Ribeira Brava zufriedengeben.

Wir blieben noch etwa eine Stunde am Strand. Angelina wagte sich trotz aller Einwände ins Wasser und machte eine Runde um die Styroporinsel mit kreischenden Jugendlichen. Ich stand in der Brandungszone und genoss die natürliche Fußmassage. Langeweile ergriff langsam Besitz von meinen Sinnen, als die Uhr am Kirchturm in der Stadt kaum vernehmbar zwei Uhr schlug. Es fiel mir ein, dass wir eigentlich noch die Stadt besichtigen wollten.

»Wo sollen wir denn zu Mittag essen?«, fragte ich meine Frau und sah hinüber zum Strandrestaurant. »Hier?«

»Nee, lieber in der Stadt.« Sie rümpfte die Nase.

Ich kannte die Antwort, schon lange bevor ich die Frage stellte, aber jetzt gab es einen offiziellen Grund, warum wir aufbrechen mussten. Es traf mich keine Schuld und sie blieb mir erspart, die ewige Geschichte darüber, dass wir noch keine volle Stunde am Strand waren, dass sie noch nicht braun genug aussah, und überhaupt, welchen Sinn es machte zu kommen, wenn wir schon so früh wieder gingen! Wir packten die Sachen und gingen zum Ausgang.

Seitdem schlenderten wir durch Straßen und Gassen der Altstadt auf der Suche nach einem Imbisslokal und einer Einkaufsmöglichkeit, um unsere Vorräte auf dem Zimmer nach dem Wandertag aufzufüllen. Nebenbei lernten wir auch endlich die Stadt näher kennen, die wir schon so oft besucht hatten, jedoch viel weiter als der Busbahnhof noch nie gekommen waren. Es stellte sich heraus, dass der Ort sogar einen Mercado Municipal hatte. Man konnte ihn nicht mit dem Bauernmarkt in Funchal vergleichen, aber immerhin bot das Gebäude Platz für ein paar Obsthändler und den einen oder den anderen Stand mit Gewürzen. Es war gespenstisch still und leer in der kleinen Halle, als wir den Markt betraten, um nach ein wenig Wurst oder Schinken zu sehen. Außer gelangweilten Verkäufern war kein Mensch zu sehen, die meisten Läden hatten zu. Es gab weder Fisch noch Fleisch. Getrocknete Früchte oder Bananen waren nicht direkt das, wonach wir suchten, und einen Vorrat an Piri Piri wollten wir uns auch nicht anlegen. Die wenigen Verkäufer, die uns schon breit lächelnd entgegeneilten, um uns an ihren Stand zu geleiten, mussten sich unverrichteter Dinge zurückziehen, denn wir verließen den Mercado genauso schnell, wie wir ihn betreten hatten. Wir gingen zur Tür hinaus auf eine gepflasterte Straße, die an eine breite Uferpromenade grenzte, wo einige Cafés und Bars ihre Tische stehen hatten. Im Schatten der Sonnenschirme saßen Touristen und beschäftigten sich mit ihren Getränken.

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Altstadt von Ribeira Brava
Altstadt von Ribeira Brava

Anders als São Vicente, lag Ribeira Brava direkt an der Küste, offen für jeden Blick vom Meer aus. Ob die Piraten um die Orte auf der Südseite der Insel einen großen Bogen gemacht hatten aus Respekt vor João Gonçalves Zarco, der nicht weit entfernt in Funchal residierte, vermochte ich nicht zu sagen, aber allem Anschein nach hatten die Stadtgründer keinen Anlass gesehen, irgendwelche Vorsichtsmaßnahmen gegen Seeräuber zu treffen. Der historische Teil der Stadt schien mir auch etwas größer zu sein als der von São Vicente, denn wir mussten noch eine ganze Weile durch die Gassen irren, bis wir irgendwo ein ruhiges Lokal fanden, wo uns der Wirt ein leckeres Mittagsmenü servierte. Das obligatorische Spiegelei war inbegriffen!

Noch etwas Außergewöhnliches fiel mir auf während dieser Stadtbesichtigung. Ich bemerkte von Weitem, dass die Bäume rund um die Kirche etwas seltsam aussahen, als wir uns dem Kirchplatz aus einer Seitenstraße näherten. Sie waren irgendwie verkleidet, die dicken Stämme der alten Akazien. Bunte Stoffbänder wanden sich um die Baumstämme und ließen den Eindruck entstehen, dass sie Strümpfe anhatten, die mit Stofffiguren und Wollblumen in allen Regenbogenfarben geschmückt waren. So etwas hatte ich noch nie in meinem Leben gesehen! Weihnachten war noch Monate entfernt, Ostern war schon lange vorbei. Was war es für ein katholischer Brauch? Oder fand er möglicherweise nur in Ribeira Brava Anwendung? Ich hatte keine Ahnung, aber es sah schön und ungewöhnlich aus!

Den Supermarkt hatten wir immer noch nicht gefunden, als wir in einer Gasse vor einer Kneipe stehen blieben, die ihre Türen einladend zur Straße geöffnet hatte.

Ich sagte: »Lass uns reingehen! Wir trinken ein Bier und fragen, wo denn hier der Supermarkt ist.«

Mein Vorschlag fand Gelis Zustimmung und wir verschwanden im halbdunklen Innenraum der Gaststätte.

»Can we have two glasses of beer?«, bat ich den gemütlichen, fülligen Wirt, uns zwei Bier zu servieren, während wir die Rucksäcke ablegten und es uns auf den Hockern vor der Theke bequem machten.

»Sim, sim, senhor!«, antwortete er und nahm zwei Biergläser aus dem Schrank.

»Please could you tell us the way to the supermarket, Sir?«, stellte ich meine nächste Frage zum Standort des Supermarkts in der Stadt, nachdem der Mann am Ausschank unsere zwei Bier angezapft hatte. Er wartete geduldig auf die Schaumrückbildung.

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Das Geheimnis des vernebelten Passes von Nikolaus Warkentin

Kurzinhalt

Ein Ehepaar macht Urlaub auf der Insel Madeira, bewandert Bergpfade und Levadas, macht Ausflüge zu den lokalen Sehenswürdigkeiten und besucht zahlreiche Orte. Als Ausgangspunkt für die Entdeckungstouren dient das Berghotel "Encumeada" am gleichnamigen Pass an der Wetterscheide in der Mitte der Insel. Oft wolkenverhangen und in Nebelschleier gehüllt, birgt der Bergpass, wie es scheint, ein Geheimnis, das vor allem dem Ehemann keine Ruhe lässt. Es passieren merkwürdige Dinge, die ihn an seinem Verstand zweifeln lassen. Mysteriöse Visionen aus einer parallelen Wirklichkeit plagen ihn. Sie werden auf eine geheimnisvolle Art immer dann ausgelöst, wenn er sich in der näheren Umgebung des vernebelten Passes befindet. Ungeahnte Fähigkeiten und über die menschliche Geisteskraft hinausgehende Erkenntnisse werden ihm zuteil. Seine Hoffnungen, dass die seltsamen Ereignisse mit der Abreise von der Insel ihr Ende haben werden, erfüllen sich nicht. Die Parallelwelt holt ihn während des Heimfluges ein. Der Handlung im Roman liegen wahre Erlebnisse während eines Urlaubs zugrunde, den der Autor zwischen dem 14. und dem 30. Juli 2014 auf der Insel Madeira verbracht hat. Mit ein wenig Fantasie entstand aus dem Reisebericht eine spannende Geschichte.
Nikolaus Warkentin

Über den Autor

Name: Nikolaus Warkentin
Geboren: 1962
Hauptberuf: Unternehmer
Hobby: Reisen
Veröffentlichungen: 3
Reiseroman: 1
Novelle: 1
Roman: 1
Kontakt: » E-Mail Nachricht
Statistiken

Zahlen & Daten zum Werk

Aufrufe: 12.012
Online Seiten: 145
PDF Downloads: 54
PDF Seiten: 340
EPUB Downloads: 41
EPUB Seiten: deviceabhängig
Druckzeichen: 665482
Druckwörter: 122463
Buchseiten: 504
Erschienen: January 2021

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